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Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld

Von

Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld
der Welt und ihrer Kinder,
es geht und träget in Geduld
die Sünden aller Sünder;
es geht dahin, wird matt und krank,
ergibt sich auf die Würgebank,
entsaget allen Freuden;
es nimmt auf sich Schmach, Hohn und Spott,
Angst, Wunden, Striemen, Kreuz und Tod,
und spricht: Ich wills gern leiden.

Das Lämmlein ist der große Freund
und Heiland meiner Seelen;
den, den hat Gott zum Sündenfeind
und Sühner wollen wählen.
„Geh hin, mein Kind, und nimm dich an
der Kinder, die von Anfang an
verdient des Zornes Ruten;
die Straf ist schwer, der Zorn ist groß,
du kannst und sollst sie machen los
durch Sterben und durch Bluten.“

„Ja, Vater, ja, von Herzensgrund,
leg auf, ich will dies tragen;
mein Wollen liegt an deinem Mund,
mein Wirken ist dein Sagen.“
O Wunderlieb, o Liebesmacht!
Du kannst, was nie ein Mensch gedacht,
Gott seinen Sohn abringen.
O Liebe, Liebe! Du bist stark,
du strecktest den in Grab und Sarg,
vor dem die Felsen springen.

Mein Lebetage will ich dich
aus meinem Sinn nicht lassen,
dich will ich stets, gleich wie du mich,
mit Liebesarmen fassen;
du sollst sein meines Herzens Licht,
und wenn mein Herz in Stücke bricht,
sollst du mein Herze bleiben;
ich will mich dir, mein höchster Ruhm,
hiermit zu deinem Eigentum
beständiglich verschreiben.

Ich will von deiner Lieblichkeit
bei Nacht und Tage singen,
mich selbst auch dir zu aller Zeit
zum Freudenopfer bringen.
Mein Bach des Lebens soll sich dir
und deinem Namen für und für
in Dankbarkeit ergießen;
und was du mir zu gut getan,
das will ich stets, so tief ich kann,
in mein Gedächtnis schließen.

Wann endlich ich soll treten ein
in deines Reiches Freuden,
so soll dein Blut mein Purpur sein,
ich will mich darin kleiden;
es soll sein meines Hauptes Kron,
in welcher ich will vor den Thron
des höchsten Vaters gehen
und dir, dem er mich anvertraut
als eine wohlgeschmückte Braut
an deiner Seite stehen.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld von Paul Gerhardt

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld“ von Paul Gerhardt ist eine tiefgründige, hymnische Darstellung der christlichen Erlösung und der Hingabe des Gläubigen an Jesus Christus. Es greift das Motiv des Opfers auf, um die zentrale Botschaft des christlichen Glaubens, die Erlösung durch Jesus‘ Leiden und Tod, zu vermitteln. Das Gedicht ist reich an Metaphern und religiösen Bildern, die die Bedeutung des Opfers und die Reaktion des Gläubigen auf diese Gnade veranschaulichen.

Das Gedicht beginnt mit der Beschreibung des „Lämmleins“, das die Schuld der Welt trägt. Dieses Lämmlein ist eine allegorische Darstellung Jesu, der sich in Geduld der Leiden unterwirft und stellvertretend für die Menschheit die Sünden auf sich nimmt. Die folgenden Verse beschreiben das Leiden Jesu, von der „Würgebank“ bis zum „Kreuz und Tod“, wodurch die Schwere des Opfers und die unermessliche Liebe Gottes betont werden. Die Verwendung von Begriffen wie „Schmach, Hohn und Spott“ unterstreicht die Demütigung und die körperlichen und emotionalen Qualen, die Jesus erdulden musste. Die wiederholte Aussage „Ich wills gern leiden“ zeigt die freiwillige Unterwerfung Jesu unter den Willen Gottes, ein zentraler Aspekt der christlichen Theologie.

Der zweite Teil des Gedichts entfaltet die Rolle Jesu als „großer Freund“ und „Heiland“ der Seelen. Hier wird die göttliche Natur Jesu und seine Beziehung zu Gott, dem Vater, durch Dialog und Zitat verstärkt. Gott befiehlt seinem Sohn, sich den Sündern anzunehmen und sie durch seinen Tod und sein Blut von ihren Sünden zu befreien. Jesu’s Antwort: „Ja, Vater, ja, von Herzensgrund“ unterstreicht die vollständige Akzeptanz und Hingabe an den göttlichen Willen. Diese Passage feiert die Liebe Gottes, die sogar seinen Sohn opfert, um die Menschheit zu retten.

Die nachfolgenden Strophen konzentrieren sich auf die Reaktion des Gläubigen auf dieses Opfer. Der Dichter drückt seine Dankbarkeit und seine Verpflichtung zur ewigen Verehrung Jesu aus. Die Verwendung von Begriffen wie „Liebesarmen fassen“, „Herzens Licht“ und „Freudenopfer bringen“ verdeutlicht die innige Beziehung zwischen dem Gläubigen und Jesus. Der Gläubige wünscht, Jesus in seinem Herzen zu behalten und sich ihm vollkommen hinzugeben. Das Gedicht endet mit der Hoffnung auf das ewige Leben und die Vereinigung mit Christus im Himmel, wo das Blut Jesu den Gläubigen wie ein „Purpur“ kleidet und ihn zur Braut Jesu macht, ein Bild, das die tiefe Verbundenheit zwischen dem Gläubigen und Jesus im Reich Gottes symbolisiert.

Insgesamt ist „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld“ ein bewegendes Zeugnis des Glaubens, das die zentralen christlichen Themen wie Opfer, Erlösung, Liebe und Hingabe auf poetische Weise darstellt. Es dient nicht nur als eine Reflexion über die Leiden Jesu, sondern auch als eine Aufforderung an den Gläubigen, sich diesem Opfer zu nähern und seine eigene Beziehung zu Christus zu vertiefen, um die Freude des ewigen Lebens zu erlangen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.