Du wanderst nach dem Süden…
Du wanderst nach dem Süden,
Beglückter Schwalbenreihn!
Holst dort des Jahres Krone,
Den milden Sommer ein.
Falls eins von euch erkranket
Vom wochenlangen Weg,
Kaum trinkt′s die Luft des Süden,
Ist alle Schwäche weg.
O könnt′ ich doch euch folgen
In jene Balsamluft,
Gemischt aus Sonnenstrahlen
Und süßem Blumenduft!
Ich würde bald genesen,
Dies ist des Arztes Wort,
Verlebt′ ich nur acht Monden
Im warmen Süden dort.
Hier aber muß ich sterben:
Wie wird der Tod mir schwer!
Kehrt ihr im Lenz zum Norden,
Bin, Schwalben, ich nicht mehr!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Du wanderst nach dem Süden“ von Elisabeth Kulmann ist eine melancholische Reflexion über die Sehnsucht nach Heilung und der Auseinandersetzung mit dem Tod. Es beschreibt die Beobachtung eines lyrischen Ichs, das das Glück der Zugvögel, insbesondere der Schwalben, beneidet, die in den wärmeren Süden ziehen, um dort neue Kraft zu schöpfen. Der Kontrast zwischen dem beschwerlichen Leben des Ichs und der Unbeschwertheit der Schwalben, die sich durch die heilende Kraft des Südens regenerieren, bildet das zentrale Thema des Gedichts.
Die erste Strophe stellt die Schwalben als glückliche Reisende dar, die den Sommer in den Süden tragen. Die zweite Strophe zeigt die wundersame Heilkraft des Südens, wo selbst kranke Schwalben durch die frische Luft genesen. Dies steht im direkten Kontrast zur Situation des lyrischen Ichs, das sich nach der Heilung sehnt, aber in seiner gegenwärtigen Umgebung keine Aussicht auf Besserung sieht. Die dritte und vierte Strophe offenbaren die tiefe Sehnsucht des Ichs, den Schwalben in den Süden zu folgen, um dort Gesundheit und Heilung zu finden. Es beschreibt die Vorstellung, wie die Wärme, die Sonnenstrahlen und der Blumenduft des Südens zur Genesung beitragen könnten, und zitiert sogar die Worte eines Arztes, um die Hoffnung auf Heilung zu untermauern.
Die letzte Strophe drückt die Verzweiflung und den Schmerz des lyrischen Ichs über sein unvermeidliches Schicksal aus. Die Erkenntnis, dass es sterben muss, lastet schwer auf ihm, und die Ungewissheit, ob es die Rückkehr der Schwalben im Frühling erleben wird, verdeutlicht die Tragik seiner Situation. Die Zeilen „Hier aber muß ich sterben: / Wie wird der Tod mir schwer!“ fassen die gesamte emotionale Last des Gedichts zusammen. Der Wunsch nach Heilung und einem besseren Leben, repräsentiert durch den Süden, steht im Konflikt mit der Realität des Todes, der im Norden unausweichlich scheint.
Kulmann verwendet eine einfache, aber wirkungsvolle Sprache, um die tiefen Gefühle des lyrischen Ichs zu vermitteln. Die Metapher der Schwalben als Symbole für Freiheit, Gesundheit und ein Leben in Harmonie mit der Natur ist zentral für die Wirkung des Gedichts. Die Verwendung von Jahreszeiten (Winter, Frühling), Orten (Süden, Norden) und Elementen (Luft, Sonnenstrahlen, Blumenduft) erzeugt ein lebendiges Bild und vertieft das Gefühl der Sehnsucht und der Trauer. Durch die Kontrastierung der unbeschwerten Schwalben mit dem leidenden lyrischen Ich gelingt es Kulmann, die Endlichkeit des Lebens und die Sehnsucht nach einem besseren Ort auf berührende Weise auszudrücken.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.