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Die Wellenbraut

Von

Wenn der Schiffer Abends gleitet
Auf des Meeres klarer Fluth,
Wenn die Netze ausgebreitet,
Und der Jüngling träumend ruht;
Da vernimmt er aus der Tiefe
Wunderlieblichen Gesang,
Und ihm ist, als ob ihn riefe
Der geheimnißvolle Klang.

»Tief im Meeresgrund gefangen
Bin ich armes, bleiches Kind
Nimmer fächelt meine Wangen
Hold und süß der Abendwind;
Nimmer schau ich Baum und Blüthen
Und die Erd′ ist doch so reich!
Well′umflossen muß ich hüten
Der Korallen starr Gezweig.

Perlen schimmern mir zum Hohne,
Gluthen sprühn Demanten aus,
Denn die Gaben jeder Zone
Einet mein krystall′nes Haus.
Strahl der Sonne, Sternenschimmer,
Mondesglanz ist fern dem Blick,
Und die Tiefe sendet nimmer
Ihren Raub dem Licht zurück.

Als der Liebste kam gezogen,
Heim zu führen seine Braut,
Gab das Rauschen nur der Wogen
Antwort auf der Sehnsucht Laut.
Aus dem kalten Fluthenbette
Dringt kein Liebeston empor,
Und er sucht Vinetas Stätte,
Die das Meer zur Beut′ erkor.«

Also tönt das holde Singen
Und der Jüngling schweigt und lauscht,
Bis die Töne süß verklingen,
Leise nur die Woge rauscht.
Zu dem Kreise der Genossen
Kehrt er heim in tiefer Nacht,
Trübe sinnt er und verschlossen
Und sie flüstern bang und sacht:

Weh! der Arme ist verloren!
Zaubersang hat ihn bethört,
Er, am heil′gen Tag geboren,
Hat die Wellenbraut gehört.«
Wo Vinetas Trümmer ragen
Hoch empor aus klarer Fluth,
Hört der Schiffer oft die Klagen,
Tief entzündend Liebesgluth.

In die hellen, kalten Wogen
Wirft er Blüth′ auf Blüth′ hinab,
Bis ihn Sehnsucht nachgezogen
In Vinetas Fluthengrab.
Doch die bleiche Wellenschöne
Hört mit Klagen nimmer auf;
Sehnend, lockend ziehn die Töne
Immer noch zum Licht herauf.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Die Wellenbraut von Auguste Kurs

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die Wellenbraut“ von Auguste Kurs erzählt eine tragische Geschichte von Verlockung und Untergang, die in einer marinen Umgebung angesiedelt ist. Es handelt von einem jungen Mann, der von dem Gesang einer Meerjungfrau in den Bann gezogen wird und schließlich sein Leben im Meer verliert. Das Gedicht nutzt die Symbolik des Meeres, um Themen wie Sehnsucht, Verführung und den unwiderstehlichen Reiz des Geheimnisvollen zu veranschaulichen.

Im ersten Teil wird die Szene gesetzt: Ein Schiffer, der abends auf dem Meer segelt, hört den Gesang einer Meerjungfrau, die sich in der Tiefe gefangen fühlt. Dieser Gesang ruft Sehnsucht und Verlangen hervor, das der junge Mann spürt. Die Meerjungfrau, die als „Wellenbraut“ bezeichnet wird, klagt über ihr Gefangensein und die Einsamkeit in der Tiefe des Meeres. Sie beschreibt die Reichtümer der Unterwasserwelt, die sie umgeben, aber gleichzeitig ihrer Sehnsucht nach dem Licht und der Welt über der Wasseroberfläche Ausdruck verleiht. Dieser Kontrast zwischen Reichtum und Gefangenschaft erzeugt eine beklemmende Atmosphäre und etabliert die verführerische Natur der Wellenbraut.

Der zweite Teil des Gedichts beschreibt, wie der junge Mann dem Gesang verfällt. Er kehrt nicht zu seinen Gefährten zurück, sondern wird von der Sehnsucht nach der Wellenbraut und ihrer Welt überwältigt. Die Verse verdeutlichen seinen inneren Kampf und seine Verzweiflung. Die anderen Schiffer erkennen die Gefahr und warnen ihn vor dem Zaubergesang, aber es ist bereits zu spät. Er ist verloren, seinem Schicksal ergeben und von der Wellenbraut gefangen genommen.

Der dritte Teil des Gedichts schildert das tragische Ende des jungen Mannes. Der Schiffer wird in die Tiefe gezogen und verschwindet. Seine Sehnsucht nach der Meerjungfrau wird durch den Tod erfüllt, aber auch in den Tod getrieben. Trotz seines Schicksals hallt die Klage der Wellenbraut weiter, die die Leser an das ewige Verlangen nach unerreichbaren Zielen und die zerstörerische Kraft der Verlockung erinnert. Das Gedicht endet mit der Erkenntnis, dass die Tragödie wiederholt werden kann und die verführerischen Töne weiterhin die Lebenden anlocken.

„Die Wellenbraut“ ist eine romantische Ballade, die durch ihre bildhafte Sprache und die Verwendung von Symbolen wie dem Meer und der Meerjungfrau eine tiefgründige Geschichte von Liebe, Verlust und den Gefahren der Sehnsucht erzählt. Es ist ein Mahnmal gegen die Verführungskraft des Unbekannten und die zerstörerische Macht unerfüllter Sehnsüchte. Die Verwendung von Reimschema und Rhythmus verstärkt die emotionale Wirkung und macht das Gedicht zu einer fesselnden Erzählung über die menschliche Natur und ihre Abgründe.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.