Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , , , , , , , , , , , ,

Die Tafel am Rhein

Von

Koblenz 1816.

Der Sänger kommt zur guten Stunde
Und ihn empfängt ein holder Gruß,
Den Feldherrn und die Tafelrunde
Erblickt er an dem grünen Fluß.
Der Feldherr läßt den Becher füllen
Mit altem Wein von Rüdesheim:
Du kannst, o Herr, die Sehnsucht stillen,
Ein frischer Trunk weckt frischen Reim.

Den Becher heb′ ich in die Lüfte,
Halb trink ich ihn, und gieß ihn aus,
Und spreng′ ihn auf die Rasengrüfte,
Auf unsrer Väter stilles Haus.
Nun eingeweiht mit Blut und Weine,
Mein Land, mein Heldenvaterland,
O starker Fluß, ihr dunkeln Haine,
Der Sänger weiht euch Brust und Hand!

Der Freiheit laß ich nun erschallen
Mein zweites Wort, mein kühnstes Lied,
Der Heldenbraut, die von den Hallen
Des Sternendoms hernieder sieht.
Sie hat uns unser Herz genommen,
Hat hoch entzündet unsern Muth:
O süße Maid, wann willst du kommen
Mit deinen Pfeilen, deinem Hut?

Der Schönsten jetzt, die still im Herzen
Ein Jeder nennt und Jeder meint,
Der Guten, die mit Spiel und Scherzen
Den wunderbaren Ernst vereint.
Sie sendet uns in ferne Schlachten,
Wir ziehn um seligen Gewinnst,
Und wie wir dürsten, wie wir schmachten,
Wir sind beglückt in ihrem Dienst.

Den Feldherrn sing′ ich und die Waffen,
Die kühn das Vaterland befreit,
Sie mögen ewig Recht verschaffen
Und Sieg der theuern Christenheit.
So hab′ ich wol im Knabentraume
Die alte Ritterschaft gesehn,
Ich sehe gleich dem Eichenbaume
Im Waffenschmuck den Feldherrn stehn.

Ich seh′ ihn strafend ab sich wenden
Den Feldherrn, der vor Demuth glüht,
Nun darf ich nicht mein Lied vollenden,
Sein Leben ist ein Heldenlied.
Klingt hell dazu ihr Glockenspiele,
Ihr alten Thürme schaut herein,
O komm aus tiefer Nacht und Kühle,
Du Sonnenkind, komm edler Wein!

Der Sänger schweigt, er fährt hinunter,
Auf leichtem Kahn den grünen Fluß,
Und bunter wird′s und immer bunter,
Es kommt geflogen Gruß auf Gruß.
Und wenn der letzte Ton verklungen,
Ins Meer der letzte Tropfen rann,
So fängt ein Lied in höhern Zungen,
Im höhern Licht ein Leben an.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Die Tafel am Rhein von Max von Schenkendorf

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die Tafel am Rhein“ von Max von Schenkendorf ist eine Ode an das Vaterland, die Freiheit und die Freundschaft, eingebettet in eine Szene von patriotischer Geselligkeit an den Ufern des Rheins im Jahr 1816, kurz nach den Befreiungskriegen. Der Dichter, ein Sänger, beschreibt eine Zusammenkunft mit einem Feldherrn und einer Tafelrunde, wobei der Fluss, der Wein und die Anwesenheit der Feldherren die Szenerie bilden, in der die Begeisterung für das Vaterland ausgedrückt wird.

Das Gedicht ist in sechs Strophen gegliedert, wobei jede Strophe einen eigenen Themenkomplex behandelt und eine Steigerung der patriotischen Begeisterung und der symbolischen Elemente aufweist. Zunächst wird die Szene der Tafelrunde etabliert und die Einladung zum Trinken ausgesprochen. Der Wein von Rüdesheim wird als Quelle neuer Inspiration für den Sänger angepriesen. Der zweite Teil ist von einem patriotischen Schwur geprägt: Der Sänger weiht das Land und die Natur, wobei Blut und Wein die Weihe symbolisieren. Danach wird die Anrufung der Freiheit in Form der „Heldenbraut“ und des „Sternendoms“ ausgesprochen. Dies ist der Kern der politischen Botschaft des Gedichts.

Die folgenden Strophen widmen sich der Verehrung der Schönheit, der Tugend und des Feldherrn. Die Schönheit wird als „die Schönste“ personifiziert, die die Männer in die Schlacht schickt und so die Grundlage für den Gewinn der Freiheit legt. Es wird die Verehrung der Waffen und des Feldherrn hervorgehoben, die das Vaterland befreit haben. Die letzte Strophe bricht das Gedicht ab, der Sänger verstummt. Er verlässt die Tafelrunde auf einem Boot und fährt den Rhein hinunter. Die letzte Strophe deutet auf eine weitere Existenz des Liedes und des Sängers in einer höheren Ebene hin.

Das Gedicht atmet den Geist der Zeit, in der die deutsche Nation nach den Befreiungskriegen ihren Zusammenhalt und ihre Identität suchte. Es ist Ausdruck einer patriotischen Gesinnung, die von der Liebe zum Vaterland, der Sehnsucht nach Freiheit und der Verehrung der Helden geprägt ist. Die Natur, der Wein und der Fluss sind dabei mehr als nur Kulisse; sie sind lebendige Elemente, die die patriotische Stimmung verstärken und die Verbundenheit der Anwesenden mit ihrem Land unterstreichen. Der Stil ist gehoben, der Wortschatz bildreich und von einer starken emotionalen Ausdruckskraft geprägt. Die Form des Gedichts, mit ihren Reimen und dem rhythmischen Fluss der Verse, trägt zur feierlichen und erhebenden Wirkung bei.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.