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Die Harfenjule

Von

Emsig dreht sich meine Spule,
Immer zur Musik bereit,
Denn ich bin die Harfenjule
Schon seit meiner Kinderzeit.

Niemand schlägt wie ich die Saiten,
Niemand hat wie ich Gewalt.
Selbst die wilden Tiere schreiten
Sanft wie Lämmer durch den Wald.

Und ich schlage meine Harfe,
Wo und wie es immer sei,
Zum Familienbedarfe,
Kindstauf oder Rauferei.

Reich mir einer eine Halbe
Oder einen Groschen nur,
Als des Sommers letzte Schwalbe
Schwebe ich durch die Natur.

Und so dreht sich meine Spule,
Tief vom Innersten bewegt,
Bis die alte Harfenjule
Einst im Himmel Harfe schlägt.

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Gedicht: Die Harfenjule von Klabund

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die Harfenjule“ von Klabund zeichnet das Porträt einer Frau, die ihr Leben der Musik gewidmet hat, genauer gesagt, dem Harfenspiel. Das Gedicht beginnt mit einer Beschreibung ihrer Tätigkeit, die Spule dreht sich emsig, stets bereit, Musik zu erzeugen. Der Name „Harfenjule“ deutet auf ihre Identität als Musikerin hin, die seit ihrer Kindheit der Musik verbunden ist. Diese Einführung etabliert die Harfenjule als eine Figur, die tief in der Musik verwurzelt ist und ihr Leben durch sie definiert.

Die zweite Strophe hebt die herausragenden Fähigkeiten der Harfenjule hervor. Sie übertrifft alle anderen in ihrem Harfenspiel und übt eine ungewöhnliche Macht aus, die sogar wilde Tiere besänftigt. Diese Übertreibung dient dazu, die Bedeutung der Musik und die besondere Stellung der Harfenjule zu betonen. Die sanftmütigen Tiere im Wald könnten als Metapher für die Macht der Musik stehen, die in der Lage ist, selbst die wildesten Herzen zu berühren und zu verändern, ein Hinweis auf die universelle und transformative Kraft der Kunst.

Die dritte Strophe veranschaulicht die vielseitige Verwendung der Musik der Harfenjule. Sie spielt zu verschiedenen Anlässen, von familiären Ereignissen bis hin zu Auseinandersetzungen. Dies deutet auf ihre breite Akzeptanz und ihren Wert innerhalb ihrer Gemeinschaft hin. Sie ist Teil des Lebens, sowohl in Freude als auch in Leid, und ihre Musik begleitet die Menschen in allen Lebenslagen. Die schlichte Sprache der Verse deutet auf eine bescheidene Lebensweise, die durch die Kunst der Musik bereichert wird.

Die letzte Strophe enthüllt die vergängliche Natur des Lebens und die Hoffnung auf das Jenseits. Die Bitte um eine „Halbe“ oder einen „Groschen“ symbolisiert die bescheidenen Lebensbedingungen der Harfenjule, während der Vergleich mit einer „letzten Schwalbe“ ihre zeitlose Schönheit und ihre Verbundenheit mit der Natur betont. Die abschließenden Verse implizieren, dass sie ihre Musik auch nach dem Tod fortsetzen wird, im Himmel Harfe spielt. Dieses Ende vermittelt einen tiefen Sinn für Hoffnung und die ewige Natur der Kunst und Seele.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.