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Die Einzige

Von

Wie ist ganz mein Sinn befangen,
Einer, Einer anzuhangen;
Diese Eine zu umpfangen
Treibt mich einzig nur Verlangen;
Freude kann mir nur gewähren,
Heimlich diesen Wunsch zu nähren,
Mich in Träumen zu bethören,
Mich in Sehnen zu verzehren,
Was mich tödtet zu gebähren.

Widerstand will mir nicht frommen,
Fliehen muß ich neu zu kommen,
Zürnen nur, mich zu versöhnen,
Kann mich Ihrer nicht entwöhnen,
Muß im lauten Jubel stöhnen;
In den Becher fallen Thränen,
Ich versink in träumrisch Wähnen;
Höre nicht der Töne Reigen,
Wie sie auf und nieder steigen,

Wogend schwellen Well′ in Welle;
Sehe nicht der Farben Helle
Strömen aus des Lichtes Quelle.
Mich begrüßen Frühlingslüfte,
Küssen leise Blumendüfte,
Doch das all ist mir verlohren,
Ist für mich wie nicht gebohren,
Denn mein Geist ist eng umpfangen
Von dem einzigen Verlangen
Eine, Eine zu erlangen.

Hungrig in der Zahl der Gäste
Siz ich bei dem Freudenfeste,
Das Natur der Erde spendet;
Frage heimlich ob′s bald endet?
Ob ich aus der Gäste Reigen
Dürf′ dem eklen Mahl entweichen,
Das verschwendrisch Andre nähret:
Mir nicht einen Wunsch gewähret?
Eines nur mein Sinn begehret,
Eine Sehnsucht mich verzehret;
Eng ist meine Welt befangen,
Nur vom einzigen Verlangen
Was ich liebe zu erlangen.

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Gedicht: Die Einzige von Karoline von Günderode

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die Einzige“ von Karoline von Günderode ist eine leidenschaftliche und intensive Liebeserklärung, die sich durch ihre Monomanie auszeichnet. Es drückt eine tiefe Sehnsucht nach einer einzigen Person aus, von der die Sprecherin völlig vereinnahmt ist. Das zentrale Thema ist die alles bestimmende, fast schon besessene Liebe, die das gesamte Denken und Fühlen der Dichterin beherrscht und jegliche Ablenkung oder äußere Einflüsse ausblendet.

Die Struktur des Gedichts unterstreicht diese Fokussierung. In drei Strophen entfaltet sich das Ausmaß der Liebe. Die erste Strophe zeigt die Hingabe und das Verlangen. Die Sprecherin beschreibt die Allgegenwart der geliebten Person in ihren Gedanken und Gefühlen, der Wunsch nach Vereinigung und der Schmerz der Sehnsucht. In der zweiten Strophe wird das Ausmaß des Verlustes der Außenwelt durch diese Liebe dargestellt. Jegliche sinnliche Wahrnehmung, wie der Gesang der Natur, oder Schönheit, wird durch die überwältigende Liebe verdrängt. Nur die Sehnsucht nach der geliebten Person zählt.

Die dritte Strophe verstärkt dieses Gefühl der Isolation und des Verlustes noch weiter. Die Metapher des „Freudenfestes“ der Natur, an dem die Sprecherin teilnimmt, aber innerlich distanziert ist, verdeutlicht die Entfremdung von der Welt. Sie ist hungrig und unzufrieden, wartet nur darauf, diesem Fest zu entfliehen, da ihre einzige Sehnsucht unerfüllt bleibt. Die wiederholte Betonung des „einzigen Verlangens“ und der Enge der Welt, die durch diese Liebe entsteht, verstärkt den Eindruck der Besessenheit.

Günderodes Sprache ist leidenschaftlich und bildhaft. Die Verwendung von Begriffen wie „befangen“, „verzehren“ und „betören“ verdeutlicht die Intensität der Gefühle. Die Wiederholung von „Eine, Eine“ im Refrain-artigen Stil verstärkt die Monotonie des Verlangens und die Fixierung auf die geliebte Person. Das Gedicht spiegelt die romantische Idee der absoluten Liebe wider, die alles andere überstrahlt und die Liebende in eine Welt der Sehnsucht und Entsagung verbannen kann. Es ist ein starkes Zeugnis einer intensiven, alles verzehrenden Liebe.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.