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Des Menschen Pläne

Von

Aus fernen Ländern kehrte
Zur Heimat nun ein Mann
Mit Gold und Diamanten,
Die handelnd er gewann.

Fern glühn der Reichsstadt Thürme
Vor ihm im Abendroth.
»Hier ess′ ich im Gebirge
Mein letztes Abendbrot.

»Wie wird sich Alles drängen
Nun um den reichen Mann!
Zehn Jahr sind′s, keiner blickte
Den armen Jüngling an.

»Im nächsten Monat findet
Die Wahl der Rathsherrn Statt;
Sie wählen mich zum Rathsherrn,
Um′s Jahr zum Haupt der Stadt.«

Izt steigt der reiche Wandrer
In ein anmuthig Thal,
Tritt heiter in die Schenke,
Bestellt sein Abendmahl.

Da schenkt ein schlankes Mädchen,
Das er als Kind gesehn,
Ihm Wein aus blankem Kruge,
Und will dann wieder gehn.

»Wie bist du groß geworden,
Und schön, seit ich dich sah!
Zehn Jahre sind′s zu Ostern;
Arm war, sehr arm ich da.

»Nun bin ich reich geworden
Im fernen Morgenland
Sag′, würdest du mich nehmen,
Böt′ ich dir meine Hand?«

Bei diesen Worten wurde
Das Mädchen roth wie Blut.
»Hol′ Würd′ und Amt der Kuckuck!
Hier lebt sich′s froh und gut.«

Im schönen Thale siedelt
Der reichgewordne Mann,
Fern von der Städte Ränken,
Sich mit dem Mädchen an.

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Gedicht: Des Menschen Pläne von Elisabeth Kulmann

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Des Menschen Pläne“ von Elisabeth Kulmann erzählt eine kleine Geschichte über die Veränderlichkeit von Lebensentwürfen und die letztendliche Bedeutung von menschlichen Beziehungen im Gegensatz zu materiellem Erfolg und gesellschaftlichem Ansehen. Der Protagonist, ein Mann, der nach langer Abwesenheit und durch Handel erworbenem Reichtum in seine Heimat zurückkehrt, plant eine glanzvolle Zukunft voller Macht und Reichtum. Seine Gedanken sind von Ehrgeiz und dem Wunsch nach Anerkennung geprägt, die er aus seinem Erfolg ableitet.

Der Mann träumt von einer politischen Karriere, von der Wahl zum Ratsherrn und schließlich zum Stadtoberhaupt. Diese Ambitionen stehen im Kontrast zu seiner momentanen Situation und verdeutlichen seinen Wunsch nach gesellschaftlicher Aufwertung. Doch die Realität holt ihn ein, als er in einem idyllischen Tal auf ein Mädchen trifft, das er aus seiner Kindheit kennt. Die Begegnung mit ihr verändert seine Pläne grundlegend. Der Mann bietet ihr seine Hand an, doch das Mädchen weist ihn ab, indem sie die politischen Ambitionen des Mannes ironisch kommentiert.

Die Abweisung durch das Mädchen symbolisiert einen Bruch mit seinen ursprünglichen Zielen. Statt nach Ruhm und Macht zu streben, entscheidet sich der Mann für ein einfaches, glückliches Leben in der Gesellschaft des Mädchens. Das Gedicht betont somit die Wertlosigkeit von Reichtum und gesellschaftlicher Stellung im Vergleich zu Liebe und zwischenmenschlichem Glück. Der Mann findet sein wahres Ziel in der Gemeinschaft mit der Frau und dem Leben fernab der „Städte Ränken“.

Kulmann nutzt eine einfache, klare Sprache und eine Erzählweise, die den Fokus auf die innere Entwicklung des Mannes und die Ironie der Situation legt. Die Kontraste zwischen den ursprünglichen Plänen und der letztendlichen Entscheidung des Protagonisten verdeutlichen die zentrale Botschaft des Gedichts: Das wahre Glück liegt in den einfachen Dingen des Lebens und in der zwischenmenschlichen Verbundenheit. Die Wendung am Ende, bei der der Mann seinen ehrgeizigen Plan für ein friedliches Leben aufgibt, zeugt von einer überraschenden Einsicht in die wahren Bedürfnisse des Menschen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.