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Der verborgene Kaiser

Von

Ihre Könige kennen die Völker der Erde: sie rollen
Stolz in Karossen daher, Trommeln und Fahnen voran;
Aber sie haben zugleich auch einen verborgenen Kaiser,
Welcher am Brunnen vielleicht selber das Wasser sich schöpft,
Und, sei dieser ein Künstler, ein Denker oder ein Weiser,
Eh′ das Jahrhundert vergeht, trägt er die Krone allein.

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Gedicht: Der verborgene Kaiser von Friedrich Hebbel

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der verborgene Kaiser“ von Friedrich Hebbel beschreibt eine interessante Gegenüberstellung von Macht und Einfluss, indem es die äußere Erscheinung von Königen mit der stillen, aber letztendlich größeren Bedeutung des „verborgenen Kaisers“ kontrastiert. Das Gedicht beginnt mit einem deutlichen Bild der sichtbaren Macht, repräsentiert durch die „Könige der Erde“, die sich in Prunk und Zeremonie zeigen. Die „Karossen“, „Trommeln“ und „Fahnen“ stehen für die äußere Pracht, die oft mit Königtum assoziiert wird. Diese Zeilen etablieren sofort einen Kontrast zur unscheinbaren Existenz des verborgenen Kaisers.

Der zweite Teil des Gedichts führt den „verborgenen Kaiser“ ein. Seine Existenz wird durch die unauffällige Tätigkeit des Wasserschöpfens an einem Brunnen dargestellt, was seine Demut und seinen Mangel an äußerer Macht betont. Interessanterweise wird die wahre Natur des verborgenen Kaisers nicht festgelegt; er kann ein „Künstler, ein Denker oder ein Weiser“ sein. Diese Offenheit deutet darauf hin, dass die Quelle seiner Macht nicht in Äußerlichkeiten, sondern in geistiger oder kreativer Fähigkeit liegt. Der Brunnen wird hier fast symbolisch, als Ort der verborgenen Tätigkeit, der Kreativität und der Kontemplation.

Die entscheidende Aussage des Gedichts liegt in der letzten Zeile: „Eh‘ das Jahrhundert vergeht, trägt er die Krone allein.“ Diese Aussage hebt die wahre Bedeutung des verborgenen Kaisers hervor. Trotz seiner bescheidenen äußeren Erscheinung wird er letztendlich die wahre Macht erlangen, während die Könige mit ihrer Pracht möglicherweise in Vergessenheit geraten. Die „Krone“ ist hier nicht nur ein Symbol für Herrschaft, sondern auch für Anerkennung und Einfluss, die durch Talent, Wissen und Weisheit erworben werden. Das Gedicht legt nahe, dass wahre Macht nicht durch äußerliche Manifestationen erworben wird, sondern durch innere Werte und Leistungen, die nachhaltig sind.

Hebbel wählt eine klare und prägnante Sprache, um seinen Punkt zu verdeutlichen. Die Gegenüberstellung der Bilder, die einfache Struktur und die prägnante Formulierung der Schlusszeile machen das Gedicht wirkungsvoll und einprägsam. Es ist eine Aufforderung, über die wahren Quellen von Macht und Bedeutung nachzudenken und die oberflächlichen Aspekte der Welt zu hinterfragen. Das Gedicht lädt uns ein, über die Flüchtigkeit äußerer Pracht nachzudenken und die bleibende Wirkung von Talent, Weisheit und geistiger Leistung anzuerkennen.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.