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Der Stein

Von

Ein kleines Steinchen rollte munter
Von einem hohen Berg herunter.

Und als es durch den Schnee so rollte,
Ward es viel größer als es wollte.

Da sprach der Stein mit stolzer Miene:
′Jetzt bin ich eine Schneelawine′.

Er riß im Rollen noch ein Haus
Und sieben große Bäume aus.

Dann rollte er ins Meer hinein,
Und dort versank der kleine Stein.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Der Stein von Joachim Ringelnatz

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Stein“ von Joachim Ringelnatz beschreibt in humorvoller Weise die Entwicklung eines kleinen Steins, der durch eine Kaskade von Ereignissen zu etwas viel Größerem und schließlich zu seinem eigenen Untergang gelangt. Das Gedicht zeichnet sich durch seine einfache Sprache, den klaren Reim und die überraschende Pointe aus, wodurch es sowohl für Kinder als auch für Erwachsene ansprechend ist.

Die Entwicklung des Steins symbolisiert den unaufhaltsamen Gang der Dinge und die unvorhersehbaren Folgen menschlichen Handelns oder der Naturkräfte. Der Stein beginnt als etwas Unscheinbares und Unbedeutendes, das von einem Berg herunterrollt. Durch die Interaktion mit dem Schnee und die sich daraus ergebende Beschleunigung und Vergrößerung, entwickelt sich der Stein zu einer Schneelawine. Ringelnatz nutzt hier eine Metapher, die die Dynamik von Ursache und Wirkung veranschaulicht: Kleinste Ereignisse können katastrophale Folgen nach sich ziehen.

Die stolze Miene des Steins, als er sich selbst als Schneelawine bezeichnet, ist ein ironisches Element. Sie spiegelt die menschliche Tendenz wider, sich selbst zu überschätzen und die eigenen Fähigkeiten und die potentiellen Auswirkungen des eigenen Tuns zu ignorieren. Der Stein, der ursprünglich harmlos war, verursacht durch seine Vergrößerung und Beschleunigung Zerstörung. Er reißt ein Haus und Bäume aus. Das Gedicht verdeutlicht somit die Gefahren von Größenwahn und die zerstörerische Kraft, die in scheinbar kleinen Dingen verborgen liegen kann.

Das finale Versinken des Steins im Meer markiert den Höhepunkt des Gedichts und gleichzeitig seine Auflösung. Der Stein, der zwischenzeitlich zu einer Schneelawine geworden war und Zerstörung anrichtete, kehrt zu seinem ursprünglichen Zustand zurück, der Nichtigkeit. Das Ende ist ein Spiegel der Vergänglichkeit und des Kreislaufs von Werden und Vergehen. Ringelnatz präsentiert hier eine lehrreiche Geschichte mit einem augenzwinkernden Humor.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.