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Der Sommer

Von

O anmuthsvolle Tage,
Wo, Sonne, du im Norden
Uns auf- und untergehest,
Und wo die Abendröthe,
Den einen Fuß im Meere,
Mit zarter Hand und leisem
Geräusch die Morgenröthe,
Die Schläferin, erwecket,
Dann ihren Kranz von Rosen,
Den, um ihn aufzufrischen,
Sie durch die Wellen ziehet,
Um′s Haar der Schwester schlinget!

Von diesen Höhen seh′ ich
Vier Seee vor mir liegen:
Den Blumensee der Wiesen,
Den goldnen See der Saaten,
Den grünen See der Wälder,
Den blauen See der Wellen,
Der Wiesen, Saaten, Wälder
Und den hier reinlasurnen,
Dort leichtbeflorten Himmel
In seinem Schooße spiegelt.
Fast unsichtbare Netze,
Noch feiner als der Spinne,
Und wie vom reinsten Golde
Gewebt aus Sonnenstrahlen,
Verbreiten, immerrege,
Sich ob der warmen Gegend.
O Gottes weite Schöpfung,
Wie schön bist du und herrlich!
O Harmonie der Vögel,
Die aus dem Walde schallet!
O segensvoller Reichthum
Der Heerden, die die Auen
Und Sümpfe froh durchirren!
O liebliches Gewimmel
Der nimmermüden Fischer,
Die ihren blauen Acker
Zu keiner Zeit besäen,
Und unaufhörlich ernten!
Der Pflüger aber ruhet
Hier in der Sonne Strahlen,
Dort in der Bäume Schatten,
Und sieht der nahen Ernte
Mit frohem Blick entgegen.
Es eilt die niedre Sonne
Zu ihrer Ruh. Viel lauter
Erschallet aus dem Walde
Das Abschiedslied der Vögel,
Viel lauter tönt das Brüllen
Der Heerden, die gesättigt
Zu ihrer Hürde kehren.
Der Fischer singt, begleitet
Von selbstgemachter Flöte,
Ein muntres Lied, und kehret
Zu seiner nahen Hütte
Im beutevollen Kahne;
Der Pflüger aber betet
Mit abgezognem Hute
Um Segen für die Saaten
Und Haus und Weib und Kinder.

Die Sonne ruht im Meere,
Und ob der Stelle, wo sie
In vollem Glanz gesunken,
Schwebt eine ungeheure,
Hellglänzend goldne Krone,
Der ein anmuth′ger Halbkreis
Von rosenrothen Strahlen
Entströmet, die, gleich einem
Prunkvollen Baldachine,
Die grünbesäumte Wölbung
Des Abendhimmels decken,
Dem Landmann ein willkommnes,
Bewährtes Zeichen lange
Noch daur′nden schönen Wetters.

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Gedicht: Der Sommer von Elisabeth Kulmann

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Sommer“ von Elisabeth Kulmann ist eine Hymne an die Schönheit und Fülle des Sommers, die in einer detaillierten und bildreichen Weise die Atmosphäre, die Natur und die menschlichen Aktivitäten dieser Jahreszeit einfängt. Es feiert die Idylle eines Tages, beginnend mit der Morgendämmerung und endend mit dem Sonnenuntergang, und zeichnet ein lebendiges Bild der Natur und der Menschen, die in dieser Zeit mit ihr im Einklang leben.

Das Gedicht beginnt mit einer Anrufung des Sommers und beschreibt poetisch die einzigartigen Lichtverhältnisse, die durch die Mitternachtssonne entstehen. Die Autorin malt das Bild einer Morgenröte, die sanft erwacht und ihren Kranz von Rosen erfrischt, was eine sanfte und fast träumerische Stimmung erzeugt. Anschließend werden verschiedene Elemente der Landschaft wie Seen, Wiesen, Wälder und Felder beschrieben, die in einer Art Spiegelung des Himmels erscheinen. Die Verwendung von Farben und Bildern, wie „goldnen See der Saaten“ und „blauen See der Wellen“, verstärkt die sinnliche Wahrnehmung der Natur und erzeugt eine Atmosphäre von Harmonie und Schönheit.

Im weiteren Verlauf des Gedichts werden verschiedene menschliche Aktivitäten in die Beschreibung integriert. Die Vögel singen, die Fischer arbeiten, die Bauern ruhen und beten. Diese Szenen zeigen das Zusammenspiel von Mensch und Natur und betonen die Freude und den Reichtum, der mit dem Sommer verbunden ist. Kulmann verwendet detaillierte Beschreibungen und bildhafte Sprache, um die verschiedenen Aspekte des Tages zu erfassen, von den „fast unsichtbaren Netzen“ der Sonne bis zum „lieblichen Gewimmel“ der Fischer.

Das Gedicht erreicht seinen Höhepunkt mit dem Sonnenuntergang, der als ein spektakuläres Naturschauspiel dargestellt wird. Die Sonne sinkt ins Meer, und am Himmel erscheint eine „hellglänzend goldne Krone“, umgeben von rosenroten Strahlen. Diese bildhafte Darstellung des Sonnenuntergangs, die an einen Baldachin erinnert, signalisiert das Ende des Tages und dient als Zeichen für anhaltend schönes Wetter. Das Gedicht endet mit einem Gefühl der Dankbarkeit und des Respekts vor der Natur, indem es die Erfahrung des Sommers als ein Geschenk darstellt, das es zu schätzen gilt. Die letzte Strophe bietet eine Art Vorhersage des Wetters, das sowohl die Schönheit als auch die Fruchtbarkeit des Sommers hervorhebt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.