Ein Rabe schleppte tausend Dinge,
Geld, Glaskorallen, Perlen, Ringe,
In seinen Winkel, wo er schlief.
Der Haushahn sah dies an, und rief_
„Was tust du, Freund, mit diesen Sachen,
Die dich doch niemals glücklich machen?“
„Ich weiß es selbst nicht“, sprach der Rabe.
„Ich hab es nur, damit ich´s habe.“
Der Rabe und der Haushahn
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Der Rabe und der Haushahn“ von Karl Wilhelm Ramler ist eine kurze, pointierte Fabel, die sich mit dem Thema des sinnlosen Sammelns und der Frage nach dem Wert von Besitz auseinandersetzt. Ausgangspunkt ist die Beobachtung eines Raben, der eine Vielzahl von wertvollen Gegenständen in seinen Unterschlupf trägt. Diese scheinbar wertvollen Dinge, darunter Geld, Schmuck und Perlen, werden ohne erkennbaren Zweck angehäuft.
Der Haushahn, als klügerer und vernünftigerer Gesprächspartner, hinterfragt das Verhalten des Raben. Seine Frage zielt auf die Sinnlosigkeit des Sammelns ab, wenn die gesammelten Dinge keinen Nutzen stiften und kein Glück verheißen. Die rhetorische Frage des Hahns, „Was tust du, Freund, mit diesen Sachen, / Die dich doch niemals glücklich machen?“, ist der zentrale moralische Appell des Gedichts. Sie stellt die Vergänglichkeit und den Wert von materiellem Besitz in Frage.
Die Antwort des Raben offenbart die wahre Tragik der Situation: Er weiß selbst nicht, warum er die Gegenstände sammelt. Der Satz „Ich weiß es selbst nicht“ ist der Schlüssel zur Interpretation. Er verdeutlicht die Leere und Sinnlosigkeit des unreflektierten Sammelns. Der Rabe hortet die Dinge nur „damit ich’s habe“, ohne einen tieferen Sinn oder Zweck. Dies verweist auf die menschliche Neigung, Dinge anzuhäufen, ohne ihre eigentliche Bedeutung zu hinterfragen, und die damit verbundene Leere, die aus einem solchen Verhalten resultiert.
Ramlers Gedicht ist ein einfaches, aber wirkungsvolles Beispiel für eine Fabel. Es verwendet Tiere, um menschliche Eigenschaften und Verhaltensweisen zu veranschaulichen. Die klare Sprache, die kurzen Verse und der einfache Reim erleichtern das Verständnis der Moral. Die Geschichte wirft grundlegende Fragen nach Glück, Zufriedenheit und dem Wert von Besitztümern auf und mahnt zur Reflexion über die eigene Lebensweise und die Prioritäten im Leben.
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