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Der Platz – Furnes

Von

Willkürlich von Gewesnem ausgeweitet:
von Wut und Aufruhr, von dem Kunterbunt
das die Verurteilten zu Tod begleitet,
von Buden, von der Jahrmarktsrufer Mund,
und von dem Herzog, der vorüber reitet,
und von dem Hochmut von Burgund,

(auf allen Seiten Hintergrund):

ladet der Platz zum Einzug seiner Weite
die fernen Fenster unaufhörlich ein,
während sich das Gefolge und Geleite
der Leere langsam an den Handelsreihn

verteilt und ordnet. In die Giebel steigend,
wollen die kleinen Häuser alles sehen,
die Türme vor einander scheu verschweigend,
die immer maßlos hinter ihnen stehen.

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Gedicht: Der Platz - Furnes von Rainer Maria Rilke

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Platz – Furnes“ von Rainer Maria Rilke beschreibt in eindrucksvollen Bildern die Atmosphäre eines Platzes, der von Vergangenheit, Leere und der Auseinandersetzung mit dem Raum selbst geprägt ist. Der Platz wird als ein Ort dargestellt, der sich willkürlich aus der Vergangenheit herausgebildet hat, aufgeladen mit Erinnerungen an Gewalt, Unruhen und das flüchtige Treiben des Lebens. Die Erwähnung von „Wut und Aufruhr,“ den „Verurteilten zu Tod begleitet,“ sowie der „Jahrmarktsrufer Mund“ und der „Hochmut von Burgund“ deutet auf eine Geschichte voller Dramatik und Vergänglichkeit hin, die den Platz umgibt und seine Atmosphäre prägt.

Die zentrale Metapher des Gedichts ist die „Weite“, die der Platz verkörpert und die auf vielfältige Weise in das Gedicht integriert wird. Der Platz „ladet…zum Einzug seiner Weite“ ein, und die „fernen Fenster“ werden unaufhörlich von dieser Weite angezogen. Hier wird nicht nur die physische Ausdehnung des Platzes thematisiert, sondern auch seine Fähigkeit, Erfahrungen und Erinnerungen zu absorbieren und zu bewahren. Die Weite des Platzes steht somit im Gegensatz zur Enge der menschlichen Existenz, die durch die flüchtige Natur der Ereignisse und die Begrenzung der Wahrnehmung gekennzeichnet ist.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Darstellung der Leere, die sich „langsam an den Handelsreihn / verteilt und ordnet“. Die Leere scheint das Leben zu ersetzen, das durch das „Gefolge und Geleite“ angedeutet wird, das nun verschwunden ist. Diese Verschiebung deutet auf eine Melancholie und das Gefühl der Vergänglichkeit hin, das Rilke in seinen Werken oft thematisiert. Die Leere wird nicht als Abwesenheit, sondern als eine präsent gewordene Kraft dargestellt, die den Platz zunehmend prägt.

Die letzten Zeilen des Gedichts lenken den Blick auf die Architektur des Platzes, wobei die „kleinen Häuser“ und „Türme“ eine zentrale Rolle spielen. Sie scheinen Zeugen der Geschehnisse zu sein und versuchen, alles zu sehen, wobei die „Türme“ sich „vor einander scheu verschweigend“ verhalten. Dies deutet auf eine gewisse Rivalität oder Distanz zwischen den Gebäuden hin, die durch die „immer maßlos hinter ihnen stehenden“ Türme noch verstärkt wird. Insgesamt erzeugt Rilke ein komplexes Bild des Platzes, der sowohl von der Fülle der Vergangenheit als auch von der Leere der Gegenwart geprägt ist, wobei die Architektur als stummer Zeuge der Veränderungen fungiert.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.