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Der Pasquillant

Von

Auch konnt es unserm Scharfsinn nicht entgehen,
Daß ein Herr Geist uns zu bemäkeln pflegt,
Indem er ein Pasquill zusammenträgt,
Das ihm die Winde um die Ohren säen.

Bald kritzelt er, bald hüpft er aufgeregt
Um uns herum, dann bleibt er zuckend stehen
Und reckt den Schwartenhals, um zu erspähen,
Was sich in unserm Kabinett bewegt.

Den Bleistiftstummel hat er ganz zerbissen,
Die Drillichnaht ist hinten aufgeschlissen,
Doch dünkt er sich ein Diplomatenjäger.

De fakto dient bewußter Schlingenleger
Dem Kastellan als Flur- und Straßenfeger
Und hat das Recht die Kübel auszugießen.

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Gedicht: Der Pasquillant von Hugo Ball

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Pasquillant“ von Hugo Ball ist eine satirische Auseinandersetzung mit einer Person, dem „Pasquillant“, der offensichtlich versucht, die Dichter und ihre Arbeit zu kritisieren und zu verunglimpfen. Balls sprachliche Bildhaftigkeit und Ironie offenbaren die Geringschätzung, die der Dichter für diese Figur hegt. Die Wahl des Wortes „Pasquillant“ deutet bereits auf einen Menschen hin, der durch Schmähschriften versucht, andere zu diffamieren und zu verletzen, eine Figur, die im Grunde bedeutungslos und unwürdig ist.

Die ersten acht Zeilen beschreiben das Verhalten des Pasquillanten. Er wird als ein Mensch dargestellt, der herumspringt, kritisiert und versucht, die Dichter zu beobachten und zu verstehen, was in ihrem „Kabinett“ vorgeht. Seine Handlungen sind durch Ungestüm und Hektik gekennzeichnet, was seine Unfähigkeit, ernsthaft zu urteilen oder zu verstehen, unterstreicht. Die Verwendung von Wörtern wie „bemäkeln“, „kritzeln“ und „zuckend stehen“ erzeugt ein Bild von Unruhe und Aufregung, die letztlich lächerlich wirken. Ball präsentiert ihn als eine Karikatur, die sich selbst zu wichtig nimmt, ohne die notwendigen Fähigkeiten oder das Verständnis zu besitzen.

Die letzten sechs Zeilen verstärken die Abwertung des Pasquillanten durch eine weitere Beschreibung seines Erscheinungsbildes und seiner Rolle. Der zerbissene Bleistiftstummel und die aufgerissene Drillichnaht sind Hinweise auf seine geistige Leere und seine mangelnde Ernsthaftigkeit. Ironischerweise sieht sich der Pasquillant als „Diplomatenjäger“, was seine Selbstüberschätzung noch deutlicher macht. Die abschließenden Verse, die ihn als „Flur- und Straßenfeger“ des Kastellans bezeichnen, degradieren ihn endgültig zu einer niederen und nutzlosen Figur, die lediglich dazu dient, Abfall zu beseitigen.

Insgesamt ist „Der Pasquillant“ eine beißende Satire auf diejenigen, die die Kunst und die Künstler herabsetzen und kritisieren. Ball verwendet eine Vielzahl von sprachlichen Mitteln, um die Lächerlichkeit und Bedeutungslosigkeit des Pasquillanten zu enthüllen. Durch die Wahl seiner Worte und Bilder verdeutlicht er seine Geringschätzung für diese Figur und zeigt, dass er sich von solchen Angriffen nicht beeindrucken lässt. Das Gedicht dient somit als eine Verteidigung der Kunst gegen diejenigen, die sie missverstehen und herabwürdigen.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.