Der Mond und Er
Lächelndes schönes Gestirn, zu Deiner unendlichen Höhe
Wend′ ich den traurigen Blick, und er erheitert sich oft.
So auch erheb′ ich zu Ihm die schwermuthsvollen Gedanken,
Und dann scheint mir die Welt nicht mehr ein Kerker zu seyn.
Freundlich winkt mir sein Bild, wenn ich Dich einsam betrachte.
Still und schweigend wie Du, wandelt Er ferne von mir.
Aber es nahet mir hold auf muthlos umdämmerten Bahnen,
Sanft wie Dein leuchtender Schein, seiner Erinnerung Gruß.
Unerreichbar bist Du, o Mond, in der Ferne des Himmels,
Dennoch verklärst Du die Nacht still mit erquickendem Glanz;
So erfüllet auch Er mit Licht und Kraft mir den Busen,
Ewig mir ferne wie Du, ist er dem Geiste doch nah.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Der Mond und Er“ von Charlotte von Ahlefeld ist eine gefühlvolle Auseinandersetzung mit der Sehnsucht nach einer unerreichbaren Liebe, dargestellt durch die Metaphern des Mondes und des geliebten „Er“. Das lyrische Ich richtet sich zunächst an den Mond, ein schönes Gestirn in unerreichbarer Höhe, und findet Trost und Erheiterung in seinem Anblick. Der Mond wird als Symbol für eine Sehnsucht nach etwas Unnahbarem etabliert, das aber dennoch eine positive Wirkung auf die Seele ausübt und die Schwermut lindert.
In der zweiten Strophe wird die Analogie zwischen dem Mond und dem geliebten „Er“ weiter ausgebaut. Das Bild des Geliebten, der wie der Mond in weiter Ferne weilt, wird durch das Bild der Erinnerung an ihn ergänzt. Diese Erinnerung, „Sanft wie Dein leuchtender Schein“, ist es, die dem lyrischen Ich Trost spendet und seine Mutlosigkeit vertreibt. Die Beziehung zu „Er“ ist gekennzeichnet durch Distanz, aber dennoch durch eine tiefe Verbundenheit, die durch die sanften Erinnerungen aufrechterhalten wird. Die Metapher des Wandels, sowohl des Mondes am Himmel als auch der Erinnerung an den Geliebten, verdeutlicht die Bewegung der Seele und die fortwährende Suche nach Licht und Trost.
Die abschließende Strophe kulminiert in der Erkenntnis der Parallelität zwischen Mond und Geliebtem: Beide sind unerreichbar, doch beide erfüllen das Herz des lyrischen Ichs mit Licht und Kraft. Der Mond verklärt die Nacht mit seinem Glanz, und ebenso erfüllt „Er“ den Busen des lyrischen Ichs, obwohl er in der Ferne weilt. Die Dichotomie von Ferne und Nähe, von Unerreichbarkeit und tiefer Verbundenheit, wird so aufgelöst. Die Distanz wird durch die Nähe im Geiste überwunden.
Das Gedicht zeichnet sich durch eine sanfte, melancholische Stimmung und eine klare, bildreiche Sprache aus. Die Wahl der Metaphern – Mond und Erinnerung – verstärkt die Intimität und die emotionale Tiefe des Gedichts. Die Verwendung von Adjektiven wie „lächelnd“, „schön“, „traurig“, „schweermuthsvoll“, „freundlich“ und „sanft“ erzeugt ein starkes Gefühl von Sehnsucht und der tröstenden Kraft von Erinnerung und Liebe, selbst wenn diese unerreichbar scheint. Ahlefelds Gedicht ist eine ergreifende Reflexion über die Natur der Liebe und die Art und Weise, wie selbst die ferne Präsenz eines geliebten Menschen Trost und Erleuchtung bringen kann.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.