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Der Fürst

Von

Übergang.

Auf eines Berges Rücken hoch steht ein Cederbaum,
Kein zweiter zeigt den Blicken weitum sich in dem Raum,
Es schaut fern in die Lande des Riesen Kraftgestalt,
Sein Stamm: ein Berg am Berge, sein Laub: ein ganzer Wald.

Tief in den Aether greift er mit grünen Armen empor,
Als wagt’ er’s anzupochen kühn an des Himmels Thor,
Als Schleier nimmt er Wolken, die er im Flug geraubt,
Und setzt die goldne Sonne als Krone sich aufs Haupt.

Das Frühroth, seinen Diener, sieht man zuerst ihm nahn,
Um mit dem Purpurmantel den Leib ihn zu umfahn;
Und erst, wenn’s mild beim Scheiden den letzten Gruß ihm bot,
Des Purpurs ihn zu entkleiden beginnt das Abendroth.

So stehst auf deinem Berge, du stolzer Cederbaum,
Gewaltig, herrlich, aber – allein im weiten Raum!
So, Fürst, aufragst im Leben du kronumglänzter Mann!
So standst auch du im Leben, Held Maximilian!

Horch, majestätisch rauschen der Cedern Zweig’ empor,
So hehr ist’s zu belauschen, wie ernster Geisterchor,
Wie eines Jahrhunderts Kunde, so mächtig rauscht’s weitum,
Daß feierlich in der Runde jed’ andres Lied nun stumm.

So möge nun auch schweigen, o Max, mein Lied davon,
Wie du dein Volk gelenket von deinem Kaiserthron.
Denn wer auch wollte lauschen dem schüchternen Gedicht,
Wenn eines ganzen Volkes Gejubel jauchzend spricht?

Die Saiten mögen verschweigen manch hohe Herrscherthat,
Wie sich die Völker neigen vor dir im Völkerrath,
Wie herrlich stolz du glänztest in der Juwelenkron’,
Und wie doch stille Demut das schönste Juwel davon;

Und wie auch dein Haupt nimmer verschont des Sturms Geschoß
Und doch kein Blättlein krümmte vom Kranz, der es umschloß;
Denn oft mag mehr es wiegen, erworbne Lorbeern wahren,
Als zu den alten Siegen noch neue Kränze paaren.

Nicht bat’st du um die Krone zu Rom nach altem Brauch,
– Ha, sollte Cedern stützen der Pfaffenkäppleinstrauch? –
Du hast, den Blick nach oben, sie selbst aufs Haupt gepreßt,
Der Himmel sprach den Segen, und sie stand schön und fest.

Doch, Bischof Roms! fest halte die eigne Tiar’ am Haupt,
Denn sieh, schon tos’t der Windstoß, der sie gar leicht dir raubt,
Im Staub wir er sie rollen, nicht fern ist mehr die Zeit,
Und dem verlornen Hütlein nachläuft die Heiligkeit.

O Max, dir hieß nicht Ketzer der Mann aus Sachsenland,
Der derbe Ritter der Wahrheit, der Held im Mönchsgewand,
Der kühn aus Roma’s Frohne befreit der Christen Heer!
Der Tod ist Papst uns Allen, unfehlbar ist nur der!

Die stolze Lilie Frankreichs hat sich vor dir gebückt,
Den Schuh hat dir als Schnalle des Barbaren Mond geschmückt,
Und wie ein Leu der Wüste im Schatten der Ceder liegt,
So hat sich dir zu Füßen Sankt Marcus Leu geschmiegt.

Der Herrscher Schläfen kränzte nun wieder des Friedens Band!
Das Demantschwert erglänzte dem Recht in mächt’ger Hand,
Der Kunst erhobst du wieder den halbverfall’nen Altar,
Und um den Lorbeer schlangst du den Oelzweig dir ins Haar.

Dieß Alles muß verschweigen wohl meines Liedes Ton,
Denn horch, es tönt gewaltig ein andres Lied davon!
Die singst dieß Lied, dieß hohe, dieß Lied der Ewigkeit,
Auf deiner Riesenharfe, Gigantenmutter Zeit!

Als Schrauben dieser Leier nahmst Demantkronen du,
Wohl tausend Königssärge, die gaben das Holz dazu,
Dran hast du Zepter an Zepter als goldne Saiten gespannt,
Und Purpurmäntel flattern daran als Lautenband.

So singt die Zeit zur Leier manch uralt ewigen Sang,
Der leiseste der Töne Lavinendonnerklang!
Clio sitzt ihr zu Füßen und schreibt, was jene singt,
Und eins der schönsten Lieder ist, Max, das von dir erklingt.

Die, königliche Ceder, nah’ ich mit stillem Gruß
Und lege meine Harfe an deines Stammes Fuß;
Da soll sie ruhn und schweigen, ein todter Liederschwan,
Von deinen grünen Zweigen umrauschet und umfahn.

Doch wenn der Blitz einst wetternd in deine Wipfel fährt,
Und, deinen Stamm zerschmetternd, dein Haupt zur Erde kehrt,
Dann auch beginnt’s zu dröhnen durch alle Saiten bang,
Der Harfe letztes Tönen singt deinen Grabgesang.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Der Fürst von Anastasius Grün

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Fürst“ von Anastasius Grün ist eine Hommage an einen Fürsten, vermutlich Maximilian, indem es dessen Leben und Wirken in einem vielschichtigen Vergleich mit einem majestätischen Zedernbaum darstellt.

Die ersten Strophen etablieren die Analogie. Der Baum, der in den Himmel ragt und von der Sonne gekrönt wird, steht für die Erhabenheit und Macht des Fürsten. Die Natur, mit Morgendämmerung und Abendröte, huldigt dem Baum, ebenso wie der Fürst von seinen Untertanen geehrt wird. Der Baum steht allein auf dem Berg, ein Sinnbild für die isolierte Position des Herrschers, der trotz seiner Macht von anderen getrennt ist. Der Vergleich verdeutlicht, dass der Fürst wie der Baum eine beeindruckende Erscheinung darstellt, die gleichzeitig Schönheit und Einsamkeit in sich trägt.

Das Gedicht wechselt dann zu einer direkteren Lobpreisung des Fürsten. Es hebt seine Stärke, sein kluges Regieren und seinen Beitrag zur Kunst und zum Frieden hervor. Es wird angedeutet, dass der Fürst im Einklang mit dem Himmel handelte und sich seine Krone selbst verdiente, im Gegensatz zu der kirchlichen Tradition. Die Erwähnung von „Lilie Frankreichs“ und anderen Symbolen weist auf seine bedeutende politische Rolle hin, die die Achtung anderer Mächte erfuhr. Dies wird durch Verweise auf Ereignisse der Vergangenheit untermauert, wobei der Dichter die Taten des Fürsten als bedeutsam und von historischer Tragweite hervorhebt.

Das Gedicht endet mit einer Metapher der Zeit, die eine gigantische Harfe spielt, wobei das Leben des Fürsten als eines der schönsten Lieder auf dieser Harfe dargestellt wird. Die Zeit selbst ist die Künstlerin, und die Geschichte des Fürsten ist ein Teil des ewigen Gesangs. Die Dichter-Figur legt seine Harfe am Fuß des Zedernbaums ab, bevor sie zur Ruhe kommt. Diese Geste der Ehrfurcht und des Respekts unterstreicht die Bedeutung des Fürsten und seines Vermächtnisses, wobei die Harfe als Zeuge der Ewigkeit fungiert. Die letzten Zeilen deuten auf die Unsterblichkeit des Fürsten hin, dessen Andenken in der Geschichte fortleben wird.

Insgesamt ist das Gedicht eine feierliche Ode, die die Macht, die Größe und die historische Bedeutung des Fürsten durch eine Mischung aus Naturbildern und politischen Anspielungen würdigt. Es feiert nicht nur den Fürsten selbst, sondern auch die bleibende Wirkung seines Lebens und seiner Taten, die durch die Metapher der ewigen Musik und der Geschichte, die seinen Namen verherrlicht, verewigt wird.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.