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Der Fuchs und die Trauben

Von

Ein Fuchs, der auf die Beute ging,
fand einen Weinstock, der voll schwerer Trauben
an einer hohen Mauer hing.
Sie schienen ihm ein köstlich Ding,
allein beschwerlich abzuklauben.
Er schlich umher, den nächsten Zugang auszuspäh’n.
Umsonst! Kein Sprung war abzuseh’n.
Sich selbst nicht vor dem Trupp der Vögel zu beschämen,
der auf den Bäumen saß, kehrt er sich um und spricht
und zieht dabei verächtlich das Gesicht:
»Was soll ich mir viel Mühe geben?
Sie sind ja herb und taugen nicht.«

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Gedicht: Der Fuchs und die Trauben von Karl Wilhelm Ramler

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Fuchs und die Trauben“ von Karl Wilhelm Ramler ist eine Fabel, die eine klare Moral vermittelt, indem sie das Verhalten eines Fuchses in einer für ihn ungünstigen Situation darstellt. Der Kern der Erzählung liegt in der Diskrepanz zwischen dem Wunsch nach den Trauben und der Unmöglichkeit, an sie zu gelangen. Der Fuchs, frustriert durch seine Unfähigkeit, die Trauben zu erreichen, wählt den Weg der Selbsttäuschung und der Herabsetzung, um sein Versagen zu rechtfertigen.

Das Gedicht beginnt mit der Beschreibung des Fuchses, der auf der Suche nach Beute einen Weinstock mit verlockenden Trauben entdeckt. Die Betonung der Schwere der Trauben und ihrer scheinbaren Köstlichkeit erzeugt eine Spannung und legt den Grundstein für die folgende Handlung. Der Fuchs versucht, die Trauben durch verschiedene Mittel zu erlangen, doch die hohe Mauer und die unerreichbare Position der Trauben machen dies unmöglich. Diese Bemühungen scheitern, was den Fuchs in eine Zwickmühle bringt.

Anstatt seine Unfähigkeit zu akzeptieren oder nach anderen Lösungen zu suchen, entscheidet sich der Fuchs für eine Abwertung der Trauben. Indem er sich umdreht und sein Gesicht verzieht, spricht er verächtlich von der Herbheit der Trauben und ihrer Wertlosigkeit. Dieser Akt der Selbsttäuschung dient dazu, sein eigenes Ego zu schützen und die Schmach des Scheiterns zu verbergen. Die Fabel verdeutlicht somit menschliche Schwächen wie Stolz, Eitelkeit und die Tendenz, Tatsachen zu verdrehen, um das eigene Selbstbild zu bewahren.

Die Moral der Fabel ist klar: Der Fuchs, der die Trauben nicht erreichen kann, verleugnet ihren Wert, um sein eigenes Versagen zu rechtfertigen. Ramler nutzt diese einfache, aber effektive Geschichte, um vor dem falschen Stolz und der Selbsttäuschung zu warnen. Die Lehre, die aus der Fabel gezogen werden kann, ist die Notwendigkeit, sich der eigenen Unzulänglichkeiten bewusst zu sein und die Realität nicht durch Verleugnung zu verzerren. Die abschließenden Worte des Fuchses, „Sie sind ja herb und taugen nicht“, sind somit Ausdruck einer fehlerhaften Denkweise, die durch die Fabel kritisiert wird.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.