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Deine Haare

Von

Heute reizen mich deine Haare.
Sie sind ein trunkenes Lichterspiel.
Die Seele eines Malers müßte immer in Leuchten aufstehn
vor solchem Scheinen!
Aber ich bin ein Dichter.
Ich sinke.
Versinke tief in flutrauschenden Traumsinn.
Ich träume.
Ich träume in deine Haare eine Landschaft hinein.

Schwül zieht ein Strom aus großen Dämmerungen
zum Vordergrund in spät besonnten Schein.
Die reichen Dünste halten Klarheit weich umschlungen.
Ich glaube, hinter breiten Palmenfächern lebt ein Schein
von einem blanken Marmorstein.
Der Abend duftet von Opferbränden,
aufwölkend einer Göttin dargebracht.
Mit zitternden Händen
hat jemand ein Feuer angefacht.
Die Flammen knistern, die Funken sprühen
in staunende Ferne. –
Ich sehe sie oben glühen:
Die ersten Liebessterne.

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Gedicht: Deine Haare von Ernst Wilhelm Lotz

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Deine Haare“ von Ernst Wilhelm Lotz ist eine poetische Auseinandersetzung mit der Faszination und der inspirierenden Kraft, die von der Haarpracht einer Geliebten ausgeht. Es ist ein Liebesgedicht, das die Sinnlichkeit und Schönheit der Haare als Ausgangspunkt für eine traumhafte, fast surreale Landschaftsmetapher nimmt. Der Dichter wandelt von der direkten Betrachtung der Haare in eine imaginäre Welt, die von sinnlichen Eindrücken und einer Atmosphäre der Sehnsucht und des Geheimnisses geprägt ist.

Der Dichter beginnt mit einer unmittelbaren Reaktion auf die Haare, die als „trunkenes Lichterspiel“ beschrieben werden. Diese einleitende Zeile offenbart eine überwältigende Anziehungskraft, die den Dichter zunächst zum Maler werden lassen könnte, um das Leuchten der Haare festzuhalten. Doch der Dichter erkennt seine eigene Identität, „Aber ich bin ein Dichter“, und wählt einen anderen Weg der Darstellung. Er entscheidet sich, in einen Zustand des Träumens einzutauchen und die Haare in eine Landschaft zu verwandeln. Dies deutet auf die Fähigkeit des Dichters hin, die äußere Schönheit in eine innere Vision zu transformieren, indem er die Haare als Quelle für eine reiche und imaginäre Welt nutzt.

Die zweite Hälfte des Gedichts entführt den Leser in diese geträumte Landschaft. Die Beschreibung der Szenerie ist reich an sinnlichen Details: „Schwül zieht ein Strom aus großen Dämmerungen“ und „Der Abend duftet von Opferbränden“. Es entsteht eine Atmosphäre der Wärme, des Geheimnisses und der spirituellen Erhebung. Die Elemente des Bildes, wie „breite Palmenfächer“ und ein „blanker Marmorstein“, deuten auf eine exotische und möglicherweise religiöse Umgebung hin. Die brennenden Flammen, die als „Liebessterne“ interpretiert werden, symbolisieren die Leidenschaft und die Anziehungskraft, die in der Liebe des Dichters zu finden sind.

Die Wahl des Dichters, in die Traumwelt einzutauchen, unterstreicht die subjektive und emotionale Natur des Gedichts. Es geht nicht nur um die äußere Schönheit der Haare, sondern auch um die innere Erfahrung und die Kraft, die von der Liebe ausgeht. Die Transformation der Haare in eine Landschaft ist ein Ausdruck der Macht der Fantasie und der Fähigkeit des Dichters, durch die Kraft der Worte eine eigene, einzigartige Welt zu erschaffen, die von Leidenschaft und Sehnsucht durchzogen ist. Das Gedicht feiert somit sowohl die äußere Schönheit als auch die tieferen, inneren Aspekte der Liebe und der Kreativität.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.