Dass du mich liebst
Dass du mich liebst, das wusst ich,
ich hatte es längst entdeckt;
doch als du mir gestanden,
hat es mich tief erschreckt.
Ich stieg wohl auf die Berge
und jubelte und sang;
ich ging ans Meer und weinte
beim Sonnenuntergang.
Mein Herz ist wie die Sonne
so flammend anzusehn,
und in ein Meer von Liebe
versinkt es groß und schön.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Dass du mich liebst“ von Heinrich Heine ist eine kurze, aber intensive Auseinandersetzung mit dem Gefühl der unerwarteten und überwältigenden Liebe. Es beschreibt die unmittelbare Reaktion des lyrischen Ichs auf das Eingeständnis der Liebe durch die geliebte Person. Obwohl die Liebe bereits zuvor erahnt oder erkannt wurde, führt die offizielle Bestätigung zu einer tiefgreifenden Erschütterung. Diese Erschütterung wird jedoch nicht negativ konnotiert, sondern als Ausgangspunkt für eine Welle von Emotionen, die sich in Freude und Trauer gleichermaßen manifestieren.
Der zweite Teil des Gedichts schildert die unmittelbaren Reaktionen auf diese überraschende Offenbarung. Das lyrische Ich verbindet sowohl Momente der Ekstase, repräsentiert durch das „Jubeln und Singen auf den Bergen“, als auch Momente der Melancholie und des Verlustes, dargestellt durch das „Weinen am Meer beim Sonnenuntergang“. Diese Gegensätze verdeutlichen die ambivalente Natur der Liebe, die sowohl Glück als auch Trauer, Freude und Schmerz in sich vereint. Die Natur dient hier als Spiegel der eigenen Gefühlswelt und unterstreicht die Größe und Tiefe der empfundenen Emotionen.
Das abschließende Bild der Sonne, die in einem „Meer von Liebe“ versinkt, ist eine kraftvolle Metapher für die umfassende Hingabe und die allumfassende Natur der Liebe, die das lyrische Ich nun empfindet. Das Herz, beschrieben als „flammend anzusehn“, wird gleichgesetzt mit der Sonne, ein Symbol für Wärme, Leben und Energie, das im Meer der Liebe aufgeht. Dies deutet auf ein Gefühl der Auflösung und des Einsseins mit der Liebe hin, ein Zustand von Schönheit und Erhabenheit, in dem alle anderen Dinge verblassen.
Heine gelingt es, in wenigen Versen ein komplexes Gefühlsspektrum darzustellen. Die einfache Sprache und der klare Aufbau des Gedichts verstärken die Authentizität der dargestellten Emotionen. Die Kombination von Freude und Trauer, von Ekstase und Melancholie, spiegelt die Vielschichtigkeit der Liebe wider und macht das Gedicht zu einer zeitlosen und universellen Erfahrung, die viele Leser nachvollziehen können. Die überraschende Erschütterung, das anfängliche Erkennen, wird so zu einem Gefühl, welches das lyrische Ich letztendlich in der Liebe aufgehen lässt.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.