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Das Heiligste

Von

Wenn zwei sich ineinander still versenken,
Nicht durch ein schnödes Feuer aufgewiegelt,
Nein, keusch in Liebe, die die Unschuld spiegelt,
Und schamhaft zitternd, während sie sich tränken;

Dann müssen beide Welten sich verschränken,
Dann wird die Tiefe der Natur entriegelt,
Und aus dem Schöpfungsborn, im Ich entsiegelt,
Springt eine Welle, die die Sterne lenken.

Was in dem Geist des Mannes, ungestaltet,
Und in der Brust des Weibes, kaum empfunden,
Als Schönstes dämmerte, das muß sich mischen;

Gott aber tut, die eben sich entfaltet,
Die lichten Bilder seiner jüngsten Stunden
Hinzu, die unverkörperten und frischen.

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Gedicht: Das Heiligste von Friedrich Hebbel

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Das Heiligste“ von Friedrich Hebbel beschäftigt sich mit der Intimität und Heiligkeit wahrer Liebe. Es beschreibt nicht die stürmische, von Leidenschaft getriebene Liebe, sondern eine stille, ehrfürchtige Hingabe, die tiefgreifende kosmische Auswirkungen hat. Das Gedicht beginnt mit der Beschreibung eines Paares, das sich ineinander „still versenkt“, unaufgewühlt von einem „schnöden Feuer“, sondern vereint durch eine Liebe, die „keusch in Liebe, die die Unschuld spiegelt“. Diese einleitenden Verse etablieren eine Atmosphäre der Reinheit und des Respekts, die das Fundament für die folgenden Verse bildet.

In der zweiten Strophe weitet sich der Fokus von der individuellen Ebene auf eine universelle Dimension aus. Wenn sich zwei Liebende in dieser reinen Weise verbinden, „müssen beide Welten sich verschränken“. Die Metapher des „Entriegelns der Tiefe der Natur“ deutet an, dass die Liebe als Katalysator dient, der verborgene Kräfte freisetzt und Zugang zu tieferen, ursprünglichen Ebenen des Seins ermöglicht. Aus dem „Schöpfungsborn“ entspringt eine Welle, die „die Sterne lenken“ kann, was die enorme, kosmische Tragweite dieser intimen Vereinigung verdeutlicht. Die Liebe wird hier als eine Kraft dargestellt, die über das Irdische hinausgeht und das Universum beeinflusst.

Die dritte Strophe beschreibt die Verschmelzung der geistigen und emotionalen Bereiche, die durch die Liebe ermöglicht wird. Das „Ungestaltete“ im Geist des Mannes und das „kaum Empfundene“ in der Brust der Frau verbinden sich, um etwas „Schönstes“ hervorzubringen. Die Betonung liegt hier auf der kreativen Kraft der Liebe, die das Potenzial hat, unfertige oder verborgene Aspekte des menschlichen Seins zu formen und zu erwecken. Diese Vereinigung führt zur Entstehung neuer, reiner Bilder, die von Gott kommen.

Die letzten beiden Verse der dritten Strophe verstärken die Idee der Schöpfung und Erneuerung. Gott fügt die „lichten Bilder seiner jüngsten Stunden“ hinzu, die „unverkörpert und frisch“ sind. Dies deutet auf eine kontinuierliche Schöpfung durch die Liebe hin. Die Liebenden werden zu kreativen Kanälen, durch die göttliche Schönheit und Reinheit in die Welt gebracht werden. Das Gedicht feiert somit die heilige Natur der Liebe als eine Kraft, die nicht nur die Liebenden selbst verwandelt, sondern auch einen positiven Einfluss auf das Universum ausübt.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.