Da hab′ ich gar die Rose
Da hab′ ich gar die Rose aufgegessen,
Die sie mir in die starre Hand gegeben!
Dass ich noch einmal würde Rosen essen,
Hätt nimmer ich geglaubt in meinem Leben!
Ich möcht′ nur wissen, ob es eine rote,
Ob eine weiße Rose das gewesen?
Gib täglich uns, o Herr! von deinem Brote,
Und wenn du willst, erlös′ uns von dem Bösen!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Da hab‘ ich gar die Rose“ von Gottfried Keller ist eine kurze, eindringliche Reflexion über die Vergänglichkeit und die Sehnsucht nach Trost und Erlösung. Es wirkt auf den ersten Blick simpel, entfaltet aber bei genauerer Betrachtung eine tiefe emotionale Wirkung. Die zentrale Metapher der Rose, die vom lyrischen Ich gegessen wird, symbolisiert hierbei die unwiderrufliche Akzeptanz von Verlust und das Festhalten an Erinnerungen.
Der erste Vers zeigt eine überraschende Handlung: Das Ich hat die Rose, die ihm von einer geliebten Person in die Hand gegeben wurde, gegessen. Dies deutet auf eine tiefe Trauer oder eine emotionale Leere hin, die durch diese Geste ausgedrückt wird. Die Rose, traditionell ein Symbol für Liebe und Schönheit, wird hier nicht bewahrt, sondern konsumiert, was die vollständige Akzeptanz des Verlustes oder der Trennung andeutet. Die darauffolgende Feststellung, dass der Sprecher nie geglaubt hätte, wieder Rosen zu essen, unterstreicht die Intensität der emotionalen Erschütterung und die Bedeutung der ursprünglichen Geste.
Der zweite Teil des Gedichts enthält eine Reflexion über die Vergangenheit und ein Gebet. Das Ich möchte wissen, ob die Rose rot oder weiß war. Dies verweist auf die Sehnsucht nach Erinnerung und die Bedeutung der Details, die im Moment des Verlustes verblasst sind. Der Übergang zum Gebet „Gib täglich uns, o Herr! von deinem Brote, / Und wenn du willst, erlös‘ uns von dem Bösen!“ offenbart die Suche nach Trost und Erlösung. Das Bitten um das tägliche Brot ist ein Ausdruck der Dankbarkeit und der Hoffnung auf Erhaltung, während die Bitte um Erlösung vom Bösen auf das Bewusstsein des Leidens und der Not hinweist, die durch den Verlust verursacht werden.
Die einfache Sprache und die klare Struktur des Gedichts verstärken seine emotionale Wirkung. Die wenigen Worte und die prägnanten Bilder erzeugen eine starke Resonanz. Das Gedicht ist keine bloße Klage, sondern eine Meditation über Verlust, Erinnerung und die Suche nach Trost und Erlösung. Keller gelingt es, in nur acht Zeilen eine tiefe menschliche Erfahrung darzustellen, die durch die Metapher der Rose und das Gebet eine universelle Gültigkeit erhält.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.