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Clemence Isaure

Von

Clemencen galten Lautrec’s Triebe,
Ihr Bild erfüllte sein Gemüth!
Sie lohnt‘ ihm bald mit Gegenliebe,
War ihm in gleicher Gluth erglüht.
Oft träumte sie in trauter Stille
Vom nahen seligen Verein;
Doch ach! des Vaters harter Wille
Stimmt nicht mit ihren Wünschen ein.

Schon hat er den Gemahl erkoren
Und führet zu Isauren ihn;
Doch treu dem Bund, den sie beschworen,
Sinkt sie zu seinen Füßen hin.
»Du, der das Dasein mir gegeben,
Bereitest kalt mir diesen Schmerz?
Dir, Vater, dir gehört mein Leben,
Doch Lautrec hat mein ganzes Herz.«

„Ha! – rief der Greis – du willst es wagen,
Dich widersetzen meiner Macht?
Wohl, Täubchen! du sollst Fesseln tragen,
Und büßen tief in Kerkers Nacht.
Dort magst du um den Buhlen trauern,
Wo kaum das Licht der Sonne tagt.“
Der Jüngling hört’s, umkreist die Mauern,
Wo einsam die Geliebte klagt.

Um Mitternacht klang eine Zither,
Sanft störend ihre kurze Ruh‘!
Sie klomm zum kleinen Fenstergitter,
Rief weinend dem Geliebten zu:
»Mein süßer Freund, hemm‘ deine Klage,
Dir wahr‘ das Herz ich ewiglich!
Leicht sind die Ketten, die ich trage,
Denn gerne trag‘ ich sie für dich.

»Doch vor des Vaters Zorn entfliehe,
Biet‘ länger seiner Macht nicht Trutz.
Zum Hofe König Philipps ziehe,
Fleh‘ ihn für uns’re Lieb‘ um Schutz!
Nicht länger kann ich mit dir kosen;
Als Pfand von meinem treuen Sinn
Nimm hier den Kranz von wilden Rosen,
Von Ringelblumen, Veilchen hin.

»Ich lieb‘ des Veilchens sanfte Bläue,
Die Rose kündet dir mein Herz –
Sie ist ein Bild der Lieb‘ und Treue;
Die Ringelblume deutet Schmerz.
Die Blumen, feucht von meinen Thränen,
Nimm hin mit meinem Scheideblick!
Sie rufen dir mit leisem Sehnen
Stets unser Lieb‘ und Leid zurück.«

„Leb‘ wohl, – rief er – du mein Entzücken!“
Und scheidend winket seine Hand.
Sie sah ihm nach mit nassen Blicken,
Bis er im nahen Wald verschwand.
Gedenkend stets an seine Dame,
Träumt er vom Wiedersehungstag.
Laut tönt Clemencens süßer Name,
Und jedes Echo tönt ihn nach.

In Frankreich hört er Kriegestöne,
Laut schallet der Trompete Ton,
Denn Englands tapfre Heldensöhne
Belagerten die Wälle schon.
Die Schlacht begann, und tapfer kriegte
Der Franken Schaar Mann gegen Mann;
Doch weh‘! die Macht des Feindes siegte,
Es flüchtet, wer dem Tod entrann.

Nur Einer kämpft noch im Gedränge
Fort gegen Englands Übermacht;
Der Jüngling sieht’s, er theilt die Menge,
Sonst sänk‘ der Greis in Todesnacht.
Von seinem Schwerte Funken sprühen,
Und blutend sinket er im Streit,
Doch Edwards muth’ge Streiter fliehen,
Isaurens Vater ist befreit.

Sein Blut entströmt aus fünfzehn Wunden;
Er suchte Ruhm und Ehre sich
Und hatte nur den Tod gefunden.
Schon fühlend, wie das Leben wich,
Sprach er zum Greis: »Ich hab‘ vergeben;
Verworfen hast du mich als Sohn,
Ich opf’re dir dafür mein Leben;
Dies meine Rache – und mein Lohn.

»Mein Scheiden trübe keine Klage,
Erfülle nur die letzte Bitt‘:
Beglücke du Clemencens Tage,
Und bring‘ mein Lebewohl ihr mit.
Gieb du ihr diese Blumen wieder,
Sie sind gefärbt mit meinem Blut;
Leg‘ sie in ihre Hände nieder,
Sie waren stets mein höchstes Gut.«

Er starb. Der Ritter stieg zu Rosse
Und eilt auf wohlbekannter Bahn
Zum stark bewehrten Ritterschlosse,
Und kündet Lautrec’s Tod dort an.
Isaure welkt in stummem Harme,
Sie schreibt den letzten Willen auf;
Und schmerzlich weinend schloß die Arme
Dann ihren trüben Lebenslauf.

Auf daß ihr Ruhm der Nachwelt bliebe,
Alljährlich auf Toulousens Flur,
Zum Angedenken ihrer Liebe,
Erhält der beste Troubadour,
Begierig nach dem schönen Loose,
Zu seiner Lieder Ehrensold
Die Ringelblume, Veilchen, Rose,
So wollte sie’s, von ed’lem Gold.

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Gedicht: Clemence Isaure von Kathinka Zitz

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Clemence Isaure“ von Kathinka Zitz ist eine romantische Ballade, die die Geschichte einer unglücklichen Liebe im mittelalterlichen Frankreich erzählt. Das Gedicht zeichnet sich durch eine komplexe Handlung, emotionale Intensität und eine klare moralische Botschaft aus. Es erforscht Themen wie Liebe, Opferbereitschaft, gesellschaftliche Zwänge und die Tragik des Schicksals.

Die Handlung dreht sich um Clemence Isaure und Lautrec, deren Liebe durch den Vater von Clemence, einen alten Mann, vereitelt wird. Der Vater plant eine Ehe für seine Tochter, die ihren Wünschen widerspricht. Trotz der Widrigkeiten bekennen sich Clemence und Lautrec zu ihrer Liebe. Als Lautrec Clemence befreien will, kommt es zum Konflikt, in dessen Verlauf Lautrec im Kampf für Clemences Vater sein Leben opfert. Der Vater erkennt seinen Fehler, und Clemence stirbt schließlich an gebrochenem Herzen.

Das Gedicht verwendet eine Reihe von literarischen Techniken, um die emotionale Wirkung zu verstärken. Die Sprache ist pathetisch und reich an Bildern, die die Schönheit der Liebe und die Qual des Verlustes darstellen. Der Wechsel zwischen Dialogen und Erzählpassagen vertieft die Dramatik der Ereignisse. Die Verwendung von Symbolen wie Blumen – Rose, Veilchen, Ringelblume – verstärkt die emotionale Bedeutung. Insbesondere die Blumen, die Clemence ihrem Geliebten gibt, werden zu Zeichen ihrer Liebe, Treue und ihres Schmerzes.

Die Tragik des Gedichts wird durch die unvereinbaren Kräfte von Liebe und Pflicht, von individuellen Wünschen und gesellschaftlichen Erwartungen verdeutlicht. Der Vater, der zunächst als Hindernis für die Liebe erscheint, wird durch Lautrec’s selbstloses Opfer geläutert und versteht schließlich die wahre Größe der Liebe. Das Gedicht endet mit der Würdigung der Liebe durch die Nachwelt, indem die Blumen, die Clemence ihrem Geliebten gab, in einem jährlichen Wettbewerb für den besten Troubadour vergeben werden. Dies unterstreicht die Unsterblichkeit der Liebe und die Bedeutung, sich der Erinnerung zu würdigen.

Insgesamt ist „Clemence Isaure“ ein romantisches Gedicht, das die Stärke der Liebe und die Tragik ihrer Hindernisse thematisiert. Es ist ein eindringliches Zeugnis von Leidenschaft, Opferbereitschaft und dem Konflikt zwischen individuellen Wünschen und gesellschaftlichen Zwängen, wobei die letztendliche Überwindung des Todes durch die Erinnerung an die Liebe die zentrale Botschaft darstellt. Das Gedicht zeugt von Zitz‘ Fähigkeit, emotionale Tiefe und literarische Kunstfertigkeit zu vereinen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.