Heiliges Lobverlangen
Daß alle Stäublein / mein / und lauter Zungen wären
und iedes meiner Haar‘ ein helle Weißheit Flamm!
ich wolt zu GOTTES Lob / sie binden all zusamm.
Ach daß mein Mund die Welt vollmachte seiner Ehren!
Wollst meinem Lebens Baum viel Lobesfrücht bescheren.
nur werd die Pflicht verricht; verdorret schon der Stamm.
der Leib bleib auf dem plaz: nur werd gepreist dein Nam.
nicht sein-nur deines Ruhms erhebung / mein begehren
und einigs Wunsch-Ziel ist. Ach gib mir Krafft und Geist
daß nicht im Himmel nur / auf Erd auch werd gepreist
dein Allregirungs Ruhm. Weil überall zugegen
die Würkung deiner Güt und alles GOttes-voll:
ists recht / daß überall in allen ieder soll
dir opfern Lob und Preiß. Dank ist des Segens Segen.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Heiliges Lobverlangen“ von Catharina Regina von Greiffenberg ist ein leidenschaftlicher Ausdruck der Sehnsucht nach der Verherrlichung Gottes. Das lyrische Ich wünscht sich, dass jeder noch so kleine Teil seines Wesens – Staubkörner, Haare, Zunge – in den Lobpreis Gottes einstimmt. Die Vorstellung, die gesamte eigene Existenz allein auf die Ehre Gottes auszurichten, zeigt die tiefe Frömmigkeit und Hingabe, die das Gedicht durchzieht.
Das Bild des „Lebensbaums“ unterstreicht dieses Verlangen: Solange das Lob Gottes verkündet wird, ist der Baum fruchtbar – verdorrt er, bleibt nur noch der leere Leib zurück. Dies verdeutlicht die Vorstellung, dass der wahre Lebenszweck in der Verehrung Gottes liegt. Der Wunsch nach der vollständigen Selbstaufgabe zugunsten des göttlichen Ruhms wird besonders in der dritten Strophe deutlich, in der das Ich nicht für sich selbst existieren will, sondern nur für die Erhöhung des göttlichen Namens.
Die letzte Strophe führt diese Gedanken zu einer universellen Aussage: Weil Gottes Güte überall wirkt, ist es nur recht, dass auch überall Lob und Dank dargebracht werden. Die abschließende Wendung „Dank ist des Segens Segen“ hebt hervor, dass der wahre Lohn für Gottes Gnade in der dankbaren Anerkennung seiner Herrlichkeit liegt. So zeigt das Gedicht eine barocke Frömmigkeit, die in der totalen Hingabe an Gott ihre höchste Erfüllung findet.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.