Bruder Nickel am unheimlichen See auf Rügen
Der kluge Peter sagt einmal bei Tische:
Warum soll man im See nicht fischen können?
Es sind darin so viele, viele Fische,
Daß sie mit Köpfen wider einander rennen!
Da trugen wir den Nachen hin zum Seee
Und liefen nur zurücke nach den Netzen; –
Doch als wir wieder kommen um die Höhe,
So blieben wir da stehen vor Entsetzen.
Der See war schwarz, und wie vom Feuer kocht er,
Es stand der Kahn im höchsten Buchenwipfel.
Da hielten sich mein Sohn und meine Tochter
Und auch der Knecht an meinem Mantelzipfel.
Ich aber rief: Wer Teufel hat den Nachen
Hinaufgebracht auf die verwünschten Buchen?
– Da hörte ich von beiden Seiten lachen,
Dann aber rief es: »Hör nun auf zu fluchen.
Kein Teufel hat den Kahn dahin verschlagen,
Den hat mein Bruder Nickel so vertragen.« –
– Wer bist du und der Nickel? muß ich fragen. –
Da rief es her: »das werd ich dir nicht sagen!«
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Bruder Nickel am unheimlichen See auf Rügen“ von August Kopisch ist eine Erzählung über ein mysteriöses Ereignis, das mit einer beunruhigenden Atmosphäre des Übersinnlichen und Unbekannten aufgeladen ist. Das Gedicht beginnt mit einer harmlosen Szene, in der ein Mann namens Peter die Idee äußert, in dem See zu fischen, da er angeblich voller Fische sei. Dieser anfängliche Optimismus und die Vorfreude werden jedoch abrupt unterbrochen, als die Fischer am See unerwartet mit einem schockierenden Anblick konfrontiert werden.
Der zweite Teil des Gedichts beschreibt die Reaktion der Gruppe auf das bizarre Geschehen. Der See erscheint schwarz und kochend, und das Boot befindet sich unerklärlicherweise in den Wipfeln der Bäume. Die Angst und das Entsetzen der Figuren, insbesondere die Kinder und der Knecht, werden durch ihre instinktive Suche nach Schutz beim Erzähler verdeutlicht. Die Verwendung von Bildern wie „wie vom Feuer kocht er“ erzeugt eine beklemmende und erschreckende Vorstellung von Gefahr und Unheimlichkeit. Der Erzähler versucht, die Situation rational zu erklären und fragt nach dem Verantwortlichen für dieses unerklärliche Phänomen.
Die Auflösung, oder besser gesagt, die Nicht-Auflösung, des Gedichts ist der Schlüssel zu seiner Wirkung. Eine unbekannte Stimme antwortet auf die Frage des Erzählers und enthüllt, dass „Bruder Nickel“ für das mysteriöse Geschehen verantwortlich ist. Die Antwort ist rätselhaft und widersetzt sich jeder rationalen Erklärung. Die Stimme verweigert zudem die Identifizierung von Bruder Nickel, wodurch die Ursache des Ereignisses im Dunkeln bleibt. Dies erzeugt ein Gefühl der Verunsicherung und der Macht des Übernatürlichen, das das Gedicht so nachhaltig prägt.
Das Gedicht nutzt verschiedene literarische Mittel, um diese beunruhigende Atmosphäre zu erzeugen. Die Beschreibung des Sees als „schwarz“ und „kochend“ deutet auf eine dämonische oder übernatürliche Präsenz hin. Das unerklärliche Verschwinden des Bootes, das dann hoch in den Baumkronen gefunden wird, unterstreicht die Ungewissheit und die Überschreitung der natürlichen Ordnung. Das Rätselhafte und Unerklärliche des Vorfalls erzeugen ein Gefühl von Angst und Geheimnis, das den Leser bis zum Ende des Gedichts fesselt.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.