Bös und Gut der Welt
Ob diese Welt ist bös, ob gut,
das ist die alte Frage.
So ist sie, wie dir′s ist zu Mut
an gut und bösem Tage.
Drum, wenn sie dir gut erscheint,
o mache sie nicht schlimmer;
und meine, wenn sie′s böse meint,
nur gut mit ihr es immer.
Sie ist nicht bös und ist nicht gut,
ist gut zugleich und böse.
Vertrau auf den, der Wunder tut,
dass er den Zwiespalt löse!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Bös und Gut der Welt“ von Friedrich Rückert beschäftigt sich mit der Frage nach dem Wesen der Welt, ob sie gut oder böse ist. Es greift die traditionelle philosophische Auseinandersetzung über das Verhältnis von Gut und Böse auf und bietet eine differenzierte Antwort. Die erste Strophe etabliert die Frage als altbekannt und etabliert zugleich eine subjektive Sichtweise: Die Welt spiegelt die eigene Gemütsverfassung wider.
Die zweite Strophe führt die daraus resultierende Handlungsaufforderung aus. Wenn die Welt positiv erscheint, soll man sie in ihrem guten Zustand bewahren, also keine negativen Einflüsse oder Handlungen walten lassen. Wenn sie negativ erscheint, soll man ihr stets mit Güte begegnen. Dies impliziert eine aktive Gestaltung der eigenen Wahrnehmung und ein Streben nach positivem Einfluss auf die Umgebung, selbst in widrigen Umständen. Es ist ein Appell an Eigenverantwortung und die Kraft der positiven Einstellung.
Die dritte Strophe löst die scheinbare Dichotomie von Gut und Böse auf. Die Welt ist demnach nicht einfach entweder gut oder böse, sondern beides zugleich. Sie ist ein Spiegelbild der eigenen inneren Konflikte und der komplexen Realität. Der Schlussvers verweist auf eine höhere Instanz, den „der Wunder tut“, der die Aufgabe zukommt, diesen Zwiespalt aufzulösen. Dies könnte als Hinweis auf eine transzendente Hoffnung, eine göttliche Lösung oder die Hoffnung auf inneren Frieden verstanden werden.
Insgesamt bietet das Gedicht keine einfache Antwort, sondern eine komplexe Perspektive auf das Wesen der Welt. Es ermutigt den Leser zur Selbstreflexion, zur positiven Gestaltung des eigenen Lebens und zur Hoffnung auf eine übergeordnete Lösung der menschlichen Widersprüche. Rückert kombiniert hier eine pragmatische Lebensweisheit mit einem tiefen philosophischen Ansatz und vermittelt eine Botschaft der Hoffnung und der inneren Stärke.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.