Bewältigung
Und weil ich einst in dunkelsel′ger Stunde
Dir weihte meines Lebens Lust und Gram,
Weil gottbegeistert ich von deinem Munde
Der Liebe süß bestrickend Wort vernahm,
Weil meine Brust an deiner hat gelegen,
Weil einst dein Haupt geruht in meinem Schooß,
Und weil als frommer, heil′ger Liebessegen
Auf deine Stirne meine Thräne floß;
Weil du verstanden meiner Pulse Beben,
Weil einst mein Kuß geglüht auf deiner Hand,
Weil ich ein Theil einst war von deinem Leben
Und weil du mich einst deine Braut genannt: –
So wird fortan in allen künft′gen Tagen
Hoch über allem Schmerz und aller Lust,
Dein Bild als ew′ge Pyramide ragen,
In der Sahara meiner tiefsten Brust.
Wohl oft verhilft der Zeit zu grausen Siegen
So manches Herz durch schnöden Selbstverrath;
Doch meines wird ihr nimmer unterliegen –
Es hat mehr Flammen, als sie Asche hat!
Wohl oft erstirbt an bittrer Nichterhörung
Die Liebesglut in einer Thräne Naß;
Doch meine lebt gesichert vor Zerstörung,
Denn noch viel stärker ist sie, als dein Haß!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Bewältigung“ von Betty Paoli ist eine Reflexion über die unsterbliche Natur einer vergangenen Liebe und die Kraft des eigenen Herzens, mit Schmerz und Verlust umzugehen. Das Gedicht ist in einer distanziert-emotionalen Weise verfasst, wobei die Ich-Erzählerin die Intensität einer vergangenen Liebesbeziehung beschreibt und wie diese Beziehung nun in ihrem Inneren weiterlebt. Die Verwendung von „weil“ am Anfang vieler Strophen legt einen Schwerpunkt auf die Gründe, warum die Vergangenheit eine bleibende Präsenz im Leben der Ich-Erzählerin hat. Es wird ein Fundament aus Erinnerungen aufgebaut, die trotz des Verlusts und des möglichen Hasses unzerstörbar bleiben.
Die ersten drei Strophen zeichnen ein Bild der intensiven Liebe und Intimität. Die Autorin beschreibt Momente der Nähe, der Hingabe und des Glücks. Sie erinnert sich an Worte, die aus dem Mund ihres Liebsten kamen, an gegenseitige Zuneigung und die Verschmelzung ihrer Leben. Das Gedicht wird durch die Verwendung von Ausdrücken wie „dunkelsel’ger Stunde“, „gottbegeistert“ und „heil’ger Liebessegen“ mit einer religiösen Aura versehen, was die tiefe emotionale und spirituelle Bedeutung der Beziehung unterstreicht. Die Erwähnung von Tränen und Küssen verstärkt die Lebendigkeit der Erinnerungen und verdeutlicht die körperliche und emotionale Verbindung, die einst bestand.
Die beiden letzten Strophen markieren einen Übergang zur Bewältigung des Schmerzes. Der Vergleich des Bildes des Geliebten mit einer „ew’gen Pyramide“ in der „Sahara meiner tiefsten Brust“ deutet auf die monumentale und beständige Natur der Erinnerung hin. Die Metapher der Wüste suggeriert die Einsamkeit und Weite, in der die Erinnerung steht, sowie die Trockenheit und das Leiden durch den Verlust. Die Zeilen drücken die Entschlossenheit aus, die Liebe zu bewahren, ungeachtet der Versuche der Zeit oder des Hasses, sie zu zerstören. Die Verwendung von Bildern wie „mehr Flammen, als sie Asche hat“ unterstreicht die unvergängliche Kraft der Liebe, die stärker ist als alle Widrigkeiten.
Die Kernbotschaft des Gedichts ist somit die Unsterblichkeit der Liebe und die Fähigkeit des menschlichen Geistes, Verluste zu überwinden. Obwohl die äußere Beziehung beendet sein mag, lebt die Liebe in der Erinnerung und im eigenen Herzen weiter. Das Gedicht ist eine Feier der Widerstandsfähigkeit und der Stärke der menschlichen Emotionen. Es betont, dass wahre Liebe die Zeit überdauert und sogar im Angesicht von Verlust und Hass weiterlebt. Die Autorin findet Trost und Stärke in der Erinnerung und in der unerschütterlichen Kraft ihrer eigenen Gefühle.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.