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Bei der Bestattung des Herzogs von Augustenburg

Von

Volk, was tummelst du dich? »Der Herzog wird ja begraben!
Hörst du die Glocken denn nicht? Laut genug hallen sie doch!«
O, du glückliche Menge, dir kann es nimmermehr fehlen,
Alles wird dir zum Fest, ganz, wie die Hochzeit, der Tod.
Männer und Weiber, der Greis mit silberhaarigem Scheitel
Und das quellende Kind dort auf dem Arme der Magd,
Alle strömen herbei, sie wollen die stolzen Karossen
Sehen, die Pferde im Putz und die Lakaien im Staat.
Würde er selbst hier, der Tod, bestattet, und läge die Hippe
Statt des Schwerts auf dem Sarg, welche uns alle bedroht,
Bunter wäre es nicht und lustiger kaum, das Gefolge,
Traun, sie blicken darein, wie es Unsterblichen ziemt.
Jener Greis, er zählt sein Alter von Hundert herunter,
Und da bleiben ihm noch zwanzig der Jahre, und mehr,
Dieses Kind, es läßt gar von der Magd sich versprechen,
Daß man ihm morgen zur Lust Kaiser und König begräbt.
Ich nur sehe den Toten mit seinem geschlossenen Auge,
Ich nur das lehmerne Bild, welches der Deckel verbirgt.
Doch schon sehe auch ich ihn nicht mehr, dort lächelt ein Mädchen,
Und es kommt mir so vor, daß sie mich kennt und mir winkt.

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Gedicht: Bei der Bestattung des Herzogs von Augustenburg von Friedrich Hebbel

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Bei der Bestattung des Herzogs von Augustenburg“ von Friedrich Hebbel ist eine düstere Beobachtung über die Art und Weise, wie die breite Masse mit dem Tod umgeht. Es kritisiert die Sensationslust und das mangelnde Verständnis für die Trauer, die im Angesicht des Todes herrschen sollte. Hebbel kontrastiert die scheinbar unberührte, fast festliche Atmosphäre der Bestattung mit seiner eigenen, tiefen Wahrnehmung des Todes als etwas Tragisches und Unausweichliches.

Der erste Teil des Gedichts zeichnet ein lebendiges Bild des Volks, das sich zur Bestattung drängt. Die Menschenmassen, die Glocken, die stolzen Karossen und die prunkvollen Lakaien werden beschrieben. Hebbel stellt fest, dass selbst der Tod – die „Hippe“ des Sensenmannes – für diese Menge Anlass zur Freude und Spektakel wäre. Es ist ein Bild von Oberflächlichkeit, in dem das Ereignis selbst, der Tod des Herzogs, in den Hintergrund rückt und die äußeren Zeichen von Prunk und Zeremoniell im Vordergrund stehen. Der Greis, das Kind und alle anderen werden als Teil dieses Spektakels dargestellt, ohne ein tiefes Verständnis für die eigentliche Tragödie.

Der zweite Teil des Gedichts offenbart die innere Zerrissenheit des lyrischen Ichs. Während die Menge die äußeren Erscheinungen betrachtet, sieht das lyrische Ich den Toten mit geschlossenen Augen und das „lehmerne Bild“, das unter dem Sargdeckel verborgen ist. Diese direkte Konfrontation mit dem Tod kontrastiert stark mit der Distanziertheit und dem Desinteresse der anderen. Das lyrische Ich ist der einzige, der die wahre Bedeutung des Ereignisses erfasst.

Im letzten Teil des Gedichts wird diese Isolation durchbrochen, jedoch nicht durch eine ähnliche Erfahrung oder das geteilte Leid. Stattdessen wird der Fokus auf die Aufmerksamkeit eines Mädchens gelenkt, die ihn zu kennen und zu winken scheint. Diese letzte Zeile deutet an, dass das lyrische Ich vielleicht doch nicht völlig isoliert ist und dass auch die Schönheit und das Leben weitergehen, selbst angesichts des Todes. Es kann aber auch als eine weitere Form der Ablenkung und des Vergessens interpretiert werden, die dem Tod seine eigentliche Bedeutung nimmt, was die Kritik an der Masse verstärkt.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.