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Banditenbegräbniß

Von

Auf blut′ger Bahre rastet
Ein Leichnam, blaß und kalt;
Den tragen, schwer belastet,
Sechs Männer durch den Wald.
Sechs Männer, schwarz von Haare,
Bewehrt mit Blei und Stahl,
Gehn schweigend mit der Bahre
Durchs düstre Fichtenthal.

Die Bahr′ sind zwei Gewehre
Mit Läufen rund und lang:
Darüber sind die Quere
Gelegt drei Schwerter blank.
Auf Klingen ruht, der muthig
Einst selber schwang das Erz;
Sein Haupt, entstellt und blutig,
Hangt rücklings erdenwärts.

Weit klafft die rothe Wunde
Am bleichen linken Schlaf,
Wo ihn zur bösen Stunde
Die Todeskugel traf.
Es tröpfelt von den Locken
Geronnen Blut und Hirn;
Vom Wehn der Berge trocken,
Umklebt es Hals und Stirn.

Das Aug′ ist blutumflossen,
Der Wange Braun entflohn.
Die Lippen, fest geschlossen,
Umzuckt ein bittrer Hohn.
Die Rechte, die im Kampfe
Das Schwert mit Macht geführt,
Hält′s noch mit starrem Krampfe,
Daß sie es nicht verliert.

Es blitzte Tod dem Sbirren;
Er läßt es nimmer los.
Es schleift mit leisem Klirren
Durch Steingeröll und Moos.
Wie dicke blut′ge Thränen,
Rinnt rieselnd Blut daran:
Das Schwert, so muß man wähnen,
Weint um den todten Mann.

Die Linke, zugekniffen,
Hält starr den Gürtelshawl,
Als hätt′ er ihn ergriffen
In letzter Todesqual.
Gelös′t wehn Schnur und Litze
Um sein zerhau′n Collet;
Am Gurt mit scharfer Spitze
Schwebt lässig das Stilet.

So liegt der bleiche Schläger,
Der einst so wild, so kühn;
So tragen ihn die Träger
Im finstern Apennin;
So ruht er auf den Degen; –
Im tiefsten tiefen Wald,
Fernab von Straß′ und Wegen,
Da ruft der Führer: „Halt!“

Da klirrt die Bahre nieder,
Und muß nun Schaufel seyn;
Da graben ihm die Brüder
Ein Grab tief in den Rain.
Kein Sarg macht ihm Beschwerde:
Los, ledig, sonder Druck,
Grüßt er sein Bett, die Erde,
Im Blut- und Waffenschmuck.

Die Feier ist vollendet,
Das Grab steht schwarz und baar.
Mit finsterm Schweigen wendet
Sich ab die kleine Schaar.
Sie sehn nach den Gewehren;
Sie laden, da tönt schrill
Ein Pfeifen! – in die Föhren
Stürzt Jeder! – Alles still!

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Gedicht: Banditenbegräbniß von Ferdinand Freiligrath

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Banditenbegräbnis“ von Ferdinand Freiligrath beschreibt eindrücklich die Beerdigung eines Banditen in den italienischen Bergen. Das Gedicht ist geprägt von einer düsteren Atmosphäre und einer starken Betonung der Wildheit und des Todes. Die Sprache ist bildhaft und detailreich, wodurch eine lebendige Vorstellung der Szenerie und der Charaktere entsteht.

Das Gedicht beginnt mit der Darstellung des Leichnams auf einer blutigen Bahre, getragen von sechs bewaffneten Männern. Die Beschreibung des Toten, dessen Wunden und Mimik, betont die Brutalität des Todes und die Härte des Banditenlebens. Die Umgebung – ein düsteres Fichtenthal – unterstreicht die melancholische Stimmung. Die Waffen, die sowohl als Bahre dienen als auch als Grabbeigabe, symbolisieren das Leben des Verstorbenen, geprägt von Gewalt und Kampf.

Die zweite Hälfte des Gedichts konzentriert sich auf die Beerdigung des Banditen. Die Grabzeremonie ist von Stille und Heimlichkeit geprägt. Die Kameraden graben das Grab, legen den Toten hinein und verabschieden sich schweigend. Die anschließende Reaktion der verbliebenen Banditen – das Laden der Gewehre und das darauffolgende Verschwinden in den Föhren nach einem Pfiff – deutet auf einen Hinterhalt oder eine Bedrohung hin, wodurch die Geschichte eine zusätzliche Spannungsebene erhält.

Freiligraths Gedicht zeichnet sich durch seine detaillierte und bildhafte Sprache aus. Die Verwendung von Wörtern wie „blut′ge Bahre“, „entstellt und blutig“ und „bittrer Hohn“ erzeugt eine drastische und eindringliche Wirkung. Die Betonung der Waffen und die Umgebung unterstreichen die brutale Realität des Banditenlebens. Das Gedicht ist nicht nur eine Beschreibung eines Begräbnisses, sondern auch ein Portrait des Lebens in einer gewalttätigen Welt, in der Tod und Gefahr allgegenwärtig sind.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.