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Aus den Liedern des betrunkenen Schuhus

Von

Im Kirchturm

1.

Was die Gelehrten reden, ist nur Kohl,
Denn eine taube Nuß ist ihr Symbol,
Wie diese ist ihr Schädel hohl,
Der Schweine Leder ihr Idol –
Der Weise weihet sich dem Alkohol.

Bim, bim, bim, bim,
Bin bös, bin schlimm,
Kommen gelaufen und ärgern einen.
Immer sind sie auf den Beinen,
Mag′s nun regnen, mag die Sonne scheinen,
Und ist ein Gegröhle, ein Weihrauchgestänker,
Hol′ sie der Henker!

Sonst ist alle Zeit
Hier oben Einsamkeit,
Denn der früher hier heraufgekrochen,
Hat den Hals gebrochen.
Wie ich im Nu – kiwitt, kiwitt,
Geh′ mit, geh′ mit –
Den letzten Rum gestohlen,
War er noch da, sich Schnaps zu holen.

Gluck, gluck, –
Dann tat es puck!
Im Turmgebälk und Branntewein,
Da muß man schon ein Schuhu sein.
Nachts lassen sie mich hier in Ruh′,
Und wenn sie dann die Klöppel schwingen,
Die dröhnenden Dinger wie Donner singen,
Da seh′ ich zu
Und schlürf′ in langen Zügen
Aus allen meinen Krügen
Kognak, Korn und Aquavit
Und habe mein Vergnügen.
Wenn wohle Glut die Nacht bezieht,
Das ist mir mehr wie Morgenrot,
Und morgen sind viel Häuser tot.
Grgsgi,
Der Teufel hole sie!
Dreck! Komm, Karlineken, komm,
Mach′ mich fromm,
Daß ich in den Himmel komm!

2.

Des Urwalds Riesen splittern
In Nacht durchflammenden Gewittern.
Es heult wie Knäul von dem Wirt geschoben,
Auf stillen Straßen mit wilden Messern toben;
Dann bin ich in meinem Element,
In meinen Augen einsam brennt
Das Menschen hassende Temperament
Melancholie.
Das düstere Gestirn Genie
Flammt
Verdammt
In meinen zwei Pupillen.
Donner groß und hoch der wilde Willen.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Aus den Liedern des betrunkenen Schuhus von Peter Hille

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Aus den Liedern des betrunkenen Schuhus“ von Peter Hille präsentiert eine vielschichtige Auseinandersetzung mit Themen wie Einsamkeit, Weltverachtung und Rausch, eingebettet in eine Szenerie, die von einem Kirchturm und der wilden Nacht geprägt ist. Der „betrunkene Schuhu“ als Sprecherpersönlichkeit verleiht dem Gedicht eine eigenwillige Perspektive, die zwischen Zynismus und Melancholie schwankt.

Im ersten Teil des Gedichts, der in dem Kirchturm verortet ist, etabliert sich der Protagonist zunächst durch seine Ablehnung der Gelehrten und der religiösen Rituale, die er als „Gegröhle“ und „Weihrauchgestänker“ abtut. Sein Rückzugsort ist die Einsamkeit des Turms, in der er sich dem Alkohol hingibt. Die Reimstruktur und der rhythmische Wechsel zwischen ruhigeren und aggressiveren Passagen spiegeln den betrunkenen Zustand und die schwankenden Emotionen wider. Der Ausdruck „Bin bös, bin schlimm“ offenbart eine Abneigung, die nicht nur gegen das Establishment, sondern auch gegen sich selbst gerichtet ist. Die ständige Wiederholung des „Bim, bim, bim“ steht im Kontrast zu den Zügen des Protagonisten und des Verlangens des Betrunkenen.

Der zweite Teil erweitert die Perspektive, indem er eine Assoziation zur Natur und zur Welt draußen herstellt. Die Beschreibung des „Urwalds“, der „flammenden Gewitter“ und des „Menschen hassenden Temperaments“ verstärkt das Bild von Zerstörung und Isolation. Der Protagonist findet Trost im Hass und in der Verachtung, die er im Chaos der Natur und in seinen eigenen dunklen Emotionen findet. Das „düstere Gestirn Genie“ und die „Donner“ betonen seine selbsternannte Rolle als Außenseiter und Rebell. Diese innere Zerrissenheit wird auch durch die Verwendung von Ausdrücken wie „verdammt“ und „Melancholie“ ausgedrückt.

Die abschließenden Zeilen des ersten Teils, mit dem Aufruf an „Karlineken“ und dem Wunsch nach Erlösung, weisen auf eine tiefere Sehnsucht nach Trost und Erlösung hin, die durch den Alkoholkonsum und die Weltverachtung nicht gestillt werden kann. Dies deutet auf eine existenzielle Leere und die Unfähigkeit, mit der eigenen Einsamkeit umzugehen, hin. Das Gedicht ist somit ein eindringliches Porträt eines Individuums, das in einer Welt, die es verachtet, seinen Weg zwischen Rausch, Rebellion und dem Wunsch nach Geborgenheit sucht.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.