Wer hat die schönsten Schäfchen?
Wer hat die schönsten Schäfchen?
Die hat der gold’ne Mond,
Der hinter jenen Bäumen
Am Himmel droben wohnt.
Er kommt am späten Abend,
Wenn alles schlafen will,
Hervor aus seinem Hause
Zum Himmel leis‘ und still.
Dann weidet er die Schäfchen
Auf seiner blauen Flur,
Denn all‘ die weißen Sterne
Sind seine Schäfchen nur.
Sie tun uns nichts zu Leide
Hat eins das and’re gern,
Und Schwestern sind und Brüder
Da droben Stern an Stern.
Und soll ich dir ein’s bringen,
So darfst du niemals schrei’n,
Mußt freundlich wie die Schäfchen
Und wie ihr Schäfer sein.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Wer hat die schönsten Schäfchen?“ von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben ist ein zartes, kindgerechtes Natur- und Wiegenlied, das in poetischer Sprache eine friedvolle nächtliche Szenerie beschreibt. Es verbindet Naturbeobachtung mit Fantasie und schafft durch seine bildhafte Sprache eine tröstende, fast märchenhafte Atmosphäre, die besonders für Kinder verständlich und ansprechend ist.
Im Zentrum steht der Mond, der hier personifiziert wird – er ist ein stiller Hirte, der in der Nacht seine „Schäfchen“ hütet. Diese Schäfchen sind die Sterne, die am Himmel erscheinen, sobald es dunkel wird. Die Vorstellung, dass die Sterne auf der „blauen Flur“ des Himmels weiden, gibt dem Gedicht eine spielerische Leichtigkeit und lädt zur kindlichen Vorstellungskraft ein.
Die Sterne als Schäfchen erscheinen friedlich, liebevoll und harmlos. Die poetische Darstellung ihrer Beziehung zueinander – „Hat eins das and’re gern“ – betont Harmonie und Zusammenhalt. Der Himmel wird damit zu einem Ort der Ruhe und Geborgenheit, was dem Gedicht eine idealtypische, fast paradiesische Dimension verleiht. Diese harmonische Ordnung des Kosmos steht im Kontrast zur oft unruhigen Welt des Alltags – besonders im kindlichen Empfinden.
In der letzten Strophe wird das lyrische Ich direkt an das Kind gerichtet. Die Bedingung, ein Sternenschäfchen zu bekommen, ist, dass man freundlich, ruhig und sanft ist – wie der Hirte Mond und seine Schafe. Damit erhält das Gedicht auch eine erzieherische Komponente, die jedoch liebevoll verpackt ist und nicht belehrend wirkt. Es geht um Empathie, Ruhe und inneren Frieden – Tugenden, die hier mit dem Einschlafen und dem Eintritt in die Welt der Träume verbunden werden.
Insgesamt ist das Gedicht ein feinfühliges Beispiel für Fallerslebens Talent, einfache Sprache mit poetischer Tiefe zu verbinden. Es vermittelt Geborgenheit, Harmonie und Fantasie – und wirkt dadurch nicht nur als Einschlafhilfe, sondern auch als sanfte Anleitung zu einem liebevollen Miteinander.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.