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Auf meines Kindes Tod (1)

Von

Freuden wollt ich Dir bereiten;
Zwischen Kämpfen, Lust und Schmerz
Wollt‘ ich treulich dich geleiten
Durch das Leben himmelwärts.

Doch du hast′s allein gefunden,
Wo kein Vater führen kann,
Durch die ernste dunkle Stunde
Gingst du schuldlos mir voran.

Wie das Säuseln leiser Schwingen
Draußen über Wald und Kluft
Ging zur selben Stund‘ ein Singen
Ferne durch die stille Luft.

Und so fröhlich glänzt der Morgen,
‚s war, als ob das Singen sprach:
Jetzo lasset alle Sorgen;
Liebt ihr mich, so folgt mir nach!

Ich führt‘ dich oft spazieren
In Winter-Einsamkeit;
Kein Laut ließ sich da spüren,
Du schöne, stille Zeit!

Lenz ist′s nun, Lerchen singen
Im Blauen über mir;
Ich weine still – sie bringen
Mir einen Gruß von dir.

Von fern‘ die Uhren schlagen,
Es ist schon tiefe Nacht,
die Lampe brennt so düster,
das Bettlein ist gemacht.

Die Winde nur noch gehen
Wehklagend um das Haus,
Wir sitzen einsam drinnen
Und lauschen oft hinaus.

Es ist, als müßtest leise
Du klopfen an die Tür,
Du hätt′st dich nur verirret
Und käm′st nun müd‘ zurück.

Wir armen, armen Toren!
Wir irren ja im Graus
Des Dunkels noch verloren, –
Du fand′st dich längst nach Haus.

Dort ist so tiefer Schatten,
Du schläfst in guter Ruh‘,
Es deckt mit grünen Matten
Der liebe Gott dich zu.

Die alten Weiden neigen
Sich auf dein Bett herein,
Die Vöglein in den Zweigen,
sie singen treu dich ein.

Und wie in goldnen Träumen
Geht linder Frühlingswind
Rings in den stillen Bäumen –
Schlaf wohl, mein süßes Kind!

Mein liebes Kind, Ade!
Ich konnt‘ Ade nicht sagen,
Als sie dich fortgetragen,
Vor tiefem, tiefem Weh.

Jetzt auf lichtgrünem Plan
Stehst du im Myrtenkranze
Und lächelst aus dem Glanze
Mich still voll Mitleid an.

Und Jahre nahn und gehen,
Wie bald bin ich verstoben –
O bitt‘ für mich da droben,
Daß wir uns wiedersehn!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Auf meines Kindes Tod (1) von Joseph von Eichendorff

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Auf meines Kindes Tod (1)“ von Joseph von Eichendorff ist eine tief berührende Elegie, die die Trauer eines Vaters über den Tod seines Kindes zum Ausdruck bringt. Die Interpretation ist geprägt von Verlust, Sehnsucht und dem Glauben an ein Wiedersehen im Jenseits. Das Gedicht ist in Strophen von jeweils vier Versen gegliedert, was dem Ganzen eine gewisse Ordnung und Ruhe verleiht, die im Kontrast zur emotionalen Intensität der Worte steht.

Die erste Hälfte des Gedichts spiegelt die tiefe Trauer des Vaters wider. Er erinnert sich an die Pläne, die er für sein Kind hatte, und an seine Rolle als Beschützer und Wegweiser. Nun muss er erkennen, dass das Kind ihm vorausgegangen ist, einen Weg gegangen ist, den der Vater nicht begleiten konnte. Die Natur spielt dabei eine wichtige Rolle: Das „Säuseln“ und „Singen“ deuten auf die Nähe des Kindes zum Göttlichen hin. Der Frühling, der im Gedicht erscheint, steht symbolisch für das Leben und die Hoffnung, doch der Vater kann sich nicht uneingeschränkt daran erfreuen, da die Erinnerung an sein Kind ihn weiterhin mit Trauer erfüllt. Die Natur wird so zum Spiegelbild seiner eigenen Emotionen.

In der zweiten Hälfte des Gedichts vollzieht sich eine allmähliche Wandlung. Die Trauer bleibt, doch mischt sich ein Gefühl der Hoffnung und des Trostes hinzu. Der Vater stellt sich vor, wie das Kind in der „guten Ruh“ schläft, von Gott behütet. Er beschreibt die friedliche Umgebung, in der sich das Kind befindet, und die Natur, die es liebevoll umgibt. Diese Bilder sind von einer sanften, tröstenden Atmosphäre geprägt, die dem Vater dabei hilft, seinen Schmerz zu lindern und sich mit dem Verlust zu versöhnen.

Die letzten Strophen offenbaren eine ergreifende Sehnsucht nach dem Wiedersehen mit seinem Kind. Der Vater drückt seine Hoffnung aus, im Jenseits wieder mit seinem Kind vereint zu sein. Die Vision des Kindes, das in einem „Myrtenkranze“ lächelt, zeugt von der Gewissheit eines friedvollen Daseins nach dem Tod. Die Bitte um Fürsprache „da droben“ zeugt von einem tiefen Glauben und der Hoffnung, dass die Liebe, die zwischen Vater und Kind bestand, über den Tod hinaus Bestand hat.

Insgesamt ist das Gedicht ein Ausdruck tiefster menschlicher Gefühle. Eichendorff gelingt es, die unendliche Trauer, die Sehnsucht und die Hoffnung in wunderschönen Bildern und einer einfachen, klaren Sprache zu vereinen. Das Gedicht ist ein Zeugnis der unzerstörbaren Bindung zwischen Eltern und Kindern und ein Trost für alle, die einen Verlust erfahren haben. Es ist ein ewiges Denkmal der Liebe und des Gedenkens.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.