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Auf dem Schlachtfelde von Aspern

Von

Herbstlich über Asperns Fluren schien die Sonne müd’ und lau,
Störche schifften schon nach Süden durch der Lüfte ruhig Blau,
Ueber stille weite Felder schritt ich einsam, unbelauscht,
Und mit mir ein kalter Herbstwind, der durch fahle Stoppeln rauscht.

Dachte dessen jüngst der Landmann, als er hier die Garben wand,
Daß in einem Menschenherzen manche ihrer Wurzeln stand?
Denkt der Städter, wenn beim Mahle er sein weißes Brod genießt,
Daß gedüngt es mit dem Blute eines Heldenbruders ist?

Aus der Lava, die einst glühend vom Vesuv herniederquoll,
Blüh’n, wie Leben aus dem Tode, saft’ge Reben, grün und voll;
Doch die ihren Wein einst trinken unter kühlem Laubendach,
Dem Vesuv und seinen Schrecken sinnen sie wohl schwerlich nach!

Hier auch hat all’ seine Schrecken ausgetobt einst ein Vulkan,
Blut’ge, glüh’nde Lavafluthen überströmten rings den Plan,
Schwarzer Rauch und Nachtgewölke hüllte tief den Himmel ein,
Wetterschläge krachten donnernd, Blitze zuckten flammend drein!

Wie dort am Vesuv die Lava einst manch’ heitre Stadt verschlang,
So begrub sie viel der Edlen hier die weite Flur entlang;
Hundert Städte zu beleben, reichte wahrlich ihre Zahl,
Und nicht minder schön glomm ihnen noch des Lebens sonn’ger Strahl!

Gleich an frommer Kraft und Weisheit jenem edlen Plinius,
Der dort rettend seine Mutter trug durch Nacht und Lavaguß,
Also Carl, du hoher Sieger, trugst du kühn und glorreich da
Aus den Flammen und den Schrecken deine Mutter Austria!

Manch’ gewaltiges Jahrhundert schritt schon am Vesuv vorbei;
Sieh, der fernsten Enkel Spaten schlägt der Lava Krust’ entzwei,
Und es steigt aus Schutt und Asche eine heitre Stadt ans Licht,
Manch’ ein Götterbild und Tempel, manch’ unsterbliches Gedicht!

Oestreichs Herkulanum nenn’ ich, ihr Gefilde Asperns, euch!
Wär’ an edlen heil’gen Schätzen euer Schooß wohl minder reich?
Wahrlich, stieg’ in eure Tiefen rechten Sinns der rechte Mann,
Bald das Götterbild der Freiheit brächt’ er uns ans Licht hinan! –

Wallt dann wieder einst durchs weite reiche Saatgefild mein Fuß,
O dann nickt wohl jede Aehre mit dem Haupt mir heitren Gruß;
Und wie Geisterharfen säuselt’s aus den goldnen Halmen leis:
»Nicht umsonst floß unser Herzblut, denn es trug euch schönen Preis!«

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Auf dem Schlachtfelde von Aspern von Anastasius Grün

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Auf dem Schlachtfelde von Aspern“ von Anastasius Grün ist eine Reflexion über die Vergänglichkeit von Krieg und die bleibende Schönheit, die aus Zerstörung erwachsen kann. Das Gedicht beginnt mit einer herbstlichen Szene, die die Stille und den Wandel der Natur betont, kontrastiert mit den schrecklichen Ereignissen, die einst auf dem Schlachtfeld stattfanden. Die ersten Strophen etablieren einen Kontrast zwischen der heutigen friedlichen Landschaft und der Vergangenheit des Krieges, indem sie das Vergessen der Gräueltaten hervorheben, die einst das Land befleckten.

Die folgenden Strophen ziehen Parallelen zwischen der Schlacht von Aspern und dem Ausbruch des Vesuvs, wobei die Zerstörung durch Lava und Blut als Metaphern für die Zerstörung durch Krieg dienen. Die blutige Lava, die einst über das Schlachtfeld floss, wird mit dem Ausbruch des Vesuvs verglichen, aus dem Leben in Form von Weinreben entstand. Diese Metapher verdeutlicht die Idee, dass aus Leid und Tod neues Leben entstehen kann, wie im Fall der Reben am Vesuv oder der Ernte auf dem Schlachtfeld. Grün erinnert an die edlen Krieger, die ihr Leben ließen, und vergleicht sie mit der Opferbereitschaft von Plinius, der seine Mutter aus den Flammen rettete, und dem Sieg von Erzherzog Karl, der Österreich rettete.

Die letzten Strophen sind von Hoffnung und der Idee der Wiedergeburt geprägt. Grün spricht von der Möglichkeit, dass aus den Überresten der Schlacht, wie aus der Asche einer zerstörten Stadt, etwas Neues und Schönes entstehen kann. Er vergleicht Aspern mit dem wiederentdeckten Herculaneum und deutet an, dass auch hier verborgene Schätze in Form von Freiheit und Idealen entdeckt werden könnten. Der Dichter schließt mit einer Vision der Zukunft, in der er über das Schlachtfeld wandert, während die Ähren ihm einen Gruß der Anerkennung entbieten.

Die abschließenden Zeilen des Gedichts sind eine Botschaft der Hoffnung und des Gedenkens. Der Hinweis auf das „Herzblut“, das geflossen ist, verdeutlicht das Opfer der gefallenen Soldaten, aber auch die Hoffnung, dass dieses Opfer nicht umsonst war und letztendlich zur Schönheit und zum Fortschritt der Menschheit beigetragen hat. Das Gedicht ist somit eine Reflexion über die Zerstörung, die Vergänglichkeit und die Möglichkeit der Wiedergeburt, wobei die Natur, die Geschichte und die menschliche Erfahrung auf tiefgründige Weise miteinander verwoben werden.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.