Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , , , ,

An Sophie an ihrem Hochzeitstage

Von

War eine Witwe lobesam
Die hatte ein Paar Mädchen,
Zu ihr ein Paar Studenten kam,
Die Würdigsten im Städtchen.
Sie waren voll Gelehrsamkeit,
Die beiden Herrn Studenten,
Und brachten′s endlich mit der Zeit
Sogar zum Repetenten.

Der ältste sah die ältste gern;
Er zog wohl aus bis Bremen,
Doch kam er wieder aus der Fern,
Das holde Kind zu nehmen.
Der Kleinste sah′s und dachte: so?
Er freit? ich kann′s nicht minder;
Die kleinere ist nicht von Stroh,
Sind beide liebe Kinder.

Da sprach er zu dem altern Herrn
Und sagte ohne Schämen:
»Du sahst viel Mädchen in der Fern
In Preußen und in Bremen,
Und doch hast du dein Herz bewahrt,
Und kamst zu ihr gelaufen:
Gestehe, sind sie guter Art –
Die Mädchen der Frau Hauffen?«

Da sprach der Herre hochgelahrt:
»Ich rat dir, nimm die Kleine,
Sie ist zwar etwas andrer Art
Und spitz′ger als die meine,
Sie ist gar zart und fein; wenn schon
Zuweilen etwas spröde,
Hast du den ersten Kuß davon,
So ist sie nicht mehr blöde.«

Das Freien ist fürwahr kein Scherz,
Es machet viel Beschwerden;
Doch faßt der Kleine sich ein Herz,
Sagt: »Willst du meine werden?«
Sie sagt nicht ja, sie sagt nicht nein,
Ist still und stumm gewesen,
Doch in der Augen klarem Schein
Hat er sein Glück gelesen.

Der Kleinste führt die Kleinste heim,
Sie haben sich gefunden,
Und aus der Freundschaft zartem Keim
Zwei Früchte schön entstunden.
Drum endet auch der Hochzeitreim,
Den ich für euch gewunden:
Es fehlte nur der Liebe Leim,
So waren sie gebunden.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: An Sophie an ihrem Hochzeitstage von Wilhelm Hauff

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „An Sophie an ihrem Hochzeitstage“ von Wilhelm Hauff erzählt auf humorvolle Weise eine kleine Geschichte über die Liebe und die Ehe. Es beginnt mit einer humorvollen Beschreibung der Ausgangssituation: Eine Witwe hat zwei Töchter, und zwei Studenten werben um ihre Gunst. Das Gedicht etabliert sogleich eine spielerische Atmosphäre, indem es die vermeintlich hochgelehrten Studenten als „Repetenten“ darstellt und die Rivalität um die Hand der Töchter andeutet.

Der Verlauf der Geschichte ist in mehreren Strophen geschildert. Der älteste Student interessiert sich für die ältere Tochter, doch der jüngere Student, der sich durch die Rivalität herausgefordert fühlt, entscheidet sich ebenfalls für die jüngere Tochter. Ein witziger Dialog zwischen den beiden Studenten folgt, in dem der jüngere Student den älteren nach der Qualität der Mädchen fragt. Die Antwort des älteren Studenten, in der er die jüngere Tochter als „etwas andrer Art“ und „spitz’ger“ beschreibt, offenbart bereits eine gewisse Ironie und deutet die unterschiedlichen Charaktere der Mädchen an.

Der Höhepunkt des Gedichts ist der Moment, in dem der jüngere Student um die Hand der jüngeren Tochter anhält. Die Antwort der jungen Frau bleibt vage – sie schweigt, doch der Dichter deutet an, dass der Student in ihrem Blick sein Glück lesen kann. Das Schweigen der Braut wird durch die Zeilen, die sich um die ‚Liebe‘ und den ‚Leim‘ drehen, ergänzt und veranschaulicht. Dies verdeutlicht die spielerische, leichtfüßige Natur des Gedichts, in der die Gefühle und die Entscheidungen mit einem Augenzwinkern dargestellt werden.

Das Gedicht endet mit der Hochzeit und der Geburt von „zwei Früchten“, die aus der Freundschaft der beiden hervorgehen. Hauff verwendet eine einfache Sprache und humorvolle Wendungen, um eine fröhliche und optimistische Botschaft zu vermitteln. Die letzte Strophe, in der er die Ehe als etwas beschreibt, das durch die Liebe verbunden wird, rundet die Geschichte ab und zeigt die Bedeutung von Liebe und Freundschaft für ein glückliches Eheleben. Das Gedicht ist somit eine charmante Hommage an die Liebe, die mit einem Augenzwinkern und einer Prise Humor erzählt wird.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.