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An Gabriele B.

Von

Schenk mir dein Herz für vierzehn Tage,
Du weit ausschreitendes Giraffenkind,
Auf daß ich ehrlich und wie in den Wind
Dir Gutes und Verliebtes sage.

Als ich dich sah, du lange Gabriele,
Hat mich ein Loch in deinem Strumpf gerührt,
Und ohne daß du’s weißt, hat meine Seele
Durch dieses Loch sich bei dir eingeführt.
Verjag sie nicht und sage: „Ja!“
Es war so schön, als ich dich sah.

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Gedicht: An Gabriele B. von Joachim Ringelnatz

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „An Gabriele B.“ von Joachim Ringelnatz ist eine humorvolle Liebeserklärung, die durch ungewöhnliche Bilder und eine spielerische Sprache besticht. Es ist ein Zwiegespräch mit einer Frau namens Gabriele, die der Dichter aufgrund ihrer Erscheinung mit einem „weit ausschreitenden Giraffenkind“ vergleicht. Dieser ungewöhnliche Vergleich, der den Leser zunächst überrascht, deutet auf die eigenwillige und unkonventionelle Natur der Liebe in Ringelnatz’ Poesie hin. Die Bitte um „dein Herz für vierzehn Tage“ signalisiert einen Wunsch nach einer kurzen, intensiven Liebesbeziehung, die von Ehrlichkeit und Zuneigung geprägt sein soll.

Der zweite Teil des Gedichts konzentriert sich auf einen spezifischen Moment der Anziehung. Ein „Loch in deinem Strumpf“ wird zum Katalysator für die Liebe des Dichters. Dieses Detail ist bemerkenswert, da es die Aufmerksamkeit auf das Unvollkommene und Alltägliche lenkt, das in Ringelnatz’ Werk oft als Quelle der Schönheit und des Witzes dient. Die Metapher, dass seine Seele „durch dieses Loch sich bei dir eingeführt“ hat, unterstreicht die überraschende und unerwartete Art und Weise, wie Liebe entstehen kann. Es ist ein Moment der Intimität, der das Konventionelle durchbricht und die Seele des Dichters mit der Geliebten verbindet.

Die abschließenden Zeilen enthalten eine direkte Aufforderung an Gabriele, die Liebe zuzulassen: „Verjag sie nicht und sage: ‚Ja!’“ Der Dichter bittet um die Akzeptanz seiner Gefühle und erinnert an die Freude, die er empfand, als er sie sah. Diese Schlichtheit und Direktheit, kombiniert mit dem zuvor genutzten Humor, verleiht dem Gedicht eine besondere Note. Ringelnatz verzichtet auf übertriebene Romantik und wählt stattdessen eine unverkrampfte und ehrliche Sprache, um seine Zuneigung auszudrücken. Das Gedicht endet mit einer nostalgischen Reflexion des Glücks im Moment der Begegnung, ohne die Sicherheit eines ewigen Versprechens zu geben.

Insgesamt ist „An Gabriele B.“ ein charmantes und humorvolles Liebesgedicht, das typisch für Ringelnatz’ Stil ist. Es zeichnet sich durch überraschende Bilder, eine spielerische Sprache und eine unkonventionelle Sichtweise auf die Liebe aus. Das Gedicht feiert die Schönheit im Alltäglichen und die Unvorhersehbarkeit der menschlichen Gefühle. Es erinnert daran, dass Liebe oft in den kleinen, unscheinbaren Dingen beginnt und dass die Akzeptanz der eigenen Gefühle der Schlüssel zu ihrem Erleben ist.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.