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An die Welt

Von

XLIX.

Mein offt bestürmbtes Schiff der grimmen Winde-Spil
Der frechen Wellen Baal / das schir die Flutt getrennet /
Das über Klipp auf Klipp und Schaum und Sandt gerennet /
Komt vor der Zeit an Port / den meine Seele wil.

Offt / wenn uns schwartze Nacht im Mittag überfil
Hat der geschwinde Plitz die Segel schir verbrennet!
Wie offt hab ich den Wind / und Nord’ und Sud verkennet!
Wie schadhafft ist Spreu / Mast / Steur / Ruder / Schwerdt und Kill.

Steig aus du müder Geist / steig aus! wir sind am Lande!
Was graut dir für dem Port / itzt wirst du aller Bande
Vnd Angst / und herber Pein / und schwerer Schmertzen loß.

Ade / verfluchte Welt: du See voll rauer Stürme!
Glück zumein Vaterland / das stette Ruh’ im Schirme
Vnd Schutz und Friden hält / du ewig-lichtes Schloß!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: An die Welt von Andreas Gryphius

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „An die Welt“ von Andreas Gryphius ist eine tiefgründige Reflexion über die Vergänglichkeit des irdischen Lebens und die Sehnsucht nach einem ewigen Frieden. Das Gedicht nimmt die Metapher eines Schiffs auf, das die stürmischen Meere der Welt durchsegelt. Das „oft bestürmbte Schiff“ symbolisiert die strapaziöse Reise des Menschen durch das Leben, geprägt von „grimmen Winde-Spil“, „frechen Wellen“ und Gefahren, die das Schiff fast zum Scheitern bringen. Die ständigen Strapazen und das unaufhörliche Ringen mit den Widrigkeiten des Lebens werden durch diese maritimen Bilder eindrücklich verdeutlicht.

Die zweite Strophe verstärkt das Gefühl der Bedrohung und der Erschöpfung. Der „geschwinde Plitz“, der die Segel verbrennen kann, steht für die plötzlichen und unvorhersehbaren Katastrophen, die das Leben heimsuchen. Der Dichter beklagt das Versagen von Orientierung, der Verlust von „Wind, und Nord’ und Sud verkennet!“, sowie die Mängel am Schiff: „Wie schadhafft ist Spreu / Mast / Steur / Ruder / Schwerdt und Kill.“ Diese Verse unterstreichen die Verletzlichkeit des menschlichen Daseins und die Unzulänglichkeiten, mit denen der Mensch den Stürmen des Lebens ausgesetzt ist. Es ist ein Bild des Scheiterns, des Kampfes gegen widrige Umstände und der zunehmenden Erschöpfung.

Die dritte Strophe stellt den ersehnten Ausweg dar. Die Ankunft im „Port“ und die Aufforderung „Steig aus du müder Geist“ markieren das Erreichen des erhofften Ziels, den Tod und das Eintauchen in die Ewigkeit. Die Befreiung von „aller Bande / Und Angst / und herber Pein / und schwerer Schmertzen“ drückt die Erlösung von den Leiden des irdischen Lebens aus. Das „Vaterland“, ein „ewig-lichtes Schloß“, wird als Ort der „stette Ruh’ im Schirme / Vnd Schutz und Friden“ beschworen.

Die abschließenden Verse sind ein Abschied von der Welt und eine Hinwendung zum Jenseits. Die Zeilen „Ade / verfluchte Welt: du See voll rauer Stürme!“ drücken die Abkehr von den Schwierigkeiten und dem Chaos des weltlichen Daseins aus. Gryphius‘ Gedicht ist eine tiefe Reflexion über die menschliche Existenz und die Sehnsucht nach Erlösung. Es ist eine Ode an die Hoffnung und den Glauben an ein Leben nach dem Tod, frei von Leid und Schmerz. Die Stärke des Gedichts liegt in der kraftvollen Metaphorik und der emotionalen Tiefe, die die universellen menschlichen Erfahrungen von Leid, Sehnsucht und Hoffnung widerspiegelt.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.