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An die Jünglinge

Von

Trinkt des Weines dunkle Kraft,
Die euch durch die Seele fließt
Und zu heil′ger Rechenschaft
Sie im Innersten erschließt!
Blickt hinab nun in den Grund,
Dem das Leben still entsteigt,
Forscht mit Ernst, ob es gesund
Jedem Höchsten sich verzweigt!

Geht an einen schaur′gen Ort,
Denkt an aller Ehren Strauß,
Sprecht dann laut das Schöpfungswort,
Sprecht das Wort: es werde! aus.
Ja, es werde! spricht auch Gott,
Und sein Segen senkt sich still,
Denn, den macht er nicht zum Spott
Der sich selbst vollenden will.

Betet dann, doch betet nur
Zu euch selbst, und ihr beschwört
Aus der eigenen Natur
Einen Geist, der euch erhört.
Leben heißt, tief einsam sein;
In die spröde Knospe drängt
Sich kein Tropfe Taus hinein,
Eh′ sie innre Glut zersprengt.

Gott dem Herrn ist′s ein Triumph,
Wenn ihr nicht vor ihm vergeht,
Wenn ihr, statt im Staube dumpf
Hinzuknieen, herrlich steht,
Wenn ihr stolz, dem Baume gleich,
Euch nicht unter Blüten bückt,
Wenn die Last des Segens euch
Erst hinab zur Erde drückt.

Fort den Wein! Wer noch nicht flammt,
Ist nicht seines Kusses wert,
Und wer selbst vom Feuer stammt,
Steht schon lange glutverklärt.
Euch geziemt nur Eine Lust,
Nur ein Gang durch Sturm und Nacht,
Der aus eurer dunklen Brust
Einen Sternenhimmel macht.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: An die Jünglinge von Friedrich Hebbel

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „An die Jünglinge“ von Friedrich Hebbel ist eine Ermutigung an junge Menschen, sich auf eine Reise der Selbstfindung und persönlichen Entwicklung zu begeben. Es zeichnet sich durch einen aufmunternden Ton aus, der die Jünglinge dazu anspornt, ihre innere Stärke zu finden und sich selbst zu verwirklichen. Das Gedicht ist in vier Strophen gegliedert, die jeweils verschiedene Aspekte dieser Reise beleuchten.

Die erste Strophe fordert die Jünglinge auf, die „dunkle Kraft“ des Weines zu trinken, was metaphorisch für die Auseinandersetzung mit den eigenen Emotionen und der inneren Welt steht. Durch diese Auseinandersetzung soll die Seele „erschlossen“ und zur „heil’gen Rechenschaft“ geführt werden. Die zweite Strophe ruft die Leser auf, sich der Schöpfung bewusst zu werden und das „Schöpfungswort“ zu sprechen: „es werde!“. Hier wird die aktive Gestaltung des eigenen Lebens betont. Die Aufforderung zum Gebet in der dritten Strophe lenkt den Fokus auf die Selbstreflexion. Das Gedicht ermutigt, in sich selbst zu beten und aus der „eigenen Natur“ einen Geist zu beschwören, der erhört. Dies unterstreicht die Bedeutung der inneren Stärke und der Selbstverwirklichung. Das Gedicht endet mit der Feststellung, dass das Leben tiefe Einsamkeit bedeutet und erst durch innere Glut die wahre Entfaltung stattfindet.

Die vierte Strophe ist der Höhepunkt, in der die Jünglinge aufgefordert werden, dem Herrn durch ihre Selbstverwirklichung Ehre zu erweisen. Sie sollen stolz und ungebückt stehen, bis die Last des Segens sie zur Erde drückt, was als Zeichen der erreichten Vollendung gedeutet wird. Der Wein wird hier verworfen, da er nur für diejenigen geeignet ist, die bereits „flammen“. Die abschließenden Zeilen beschreiben die einzige wahre „Lust“ als einen Weg durch „Sturm und Nacht“, der aus der dunklen Brust der Jünglinge einen „Sternenhimmel“ macht. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, Widrigkeiten zu überwinden und aus der eigenen Dunkelheit Licht und Schönheit zu gebären.

Das Gedicht verwendet eine gehobene, pathetische Sprache, die typisch für die Epoche der Romantik ist. Die Bilder sind stark und metaphorisch, wie der „Sternenhimmel“, der aus der Brust entsteht, oder die „dunkle Kraft“ des Weines. Die Metaphern sind dabei von großer Bedeutung, da sie die Leser dazu anregen, über die oberflächliche Bedeutung der Worte hinauszugehen und tiefere Erkenntnisse zu gewinnen. Das Gedicht ist ein Aufruf zur Selbstermächtigung, zur Selbstverwirklichung und zur bewussten Gestaltung des eigenen Lebens. Es drückt die Überzeugung aus, dass wahre Größe und Erfüllung in der inneren Stärke und der Fähigkeit liegen, Widrigkeiten zu überwinden.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.