An den Schlaf
Gott der Träume! Freund der Nacht!
Stifter sanfter Freuden!
Der den Schäfer glücklich macht,
Wann ihn Fürsten neiden!
Holder Morpheus! säume nicht,
Wann die Ruhe mir gebricht,
Aug′ und Herz zu weiden.
Wann ein Eh′mann, voll Verdacht,
Seine Gattin quälet,
Und aus Eifersucht bei Nacht
Ihre Seufzer zählet,
Mach′ im Schlaf sein Unglück wahr;
Zeig′ ihm träumend die Gefahr,
Die ihm wachend fehlet!
Nimm auch jetzt was dir gehört;
Nur erlaub′ ein Flehen:
Warte bis mein Glas geleert!
Wohl! es ist geschehen!
Komm nunmehr! O komme bald!
Eil′ und laß mich die Gestalt
Meiner Phyllis sehen!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „An den Schlaf“ von Friedrich von Hagedorn ist eine charmante Ode an den Schlaf und seine Freuden. Es beginnt mit einer direkten Anrede an den „Gott der Träume“ und preist ihn als „Freund der Nacht“ und „Stifter sanfter Freuden“. Der Dichter beschreibt den Schlaf als Quelle des Glücks, die sogar den einfachen Schäfer glücklich machen kann, während er von mächtigen Fürsten beneidet wird. Hier wird bereits die universelle Bedeutung des Schlafs als etwas Wertvolles und Wohltuendes angedeutet, das unabhängig von sozialer Stellung und weltlichem Besitz ist.
In der zweiten Strophe wird der Schlaf als Helfer in der Not angerufen, insbesondere im Kontext von Eifersucht und Misstrauen in der Ehe. Der Dichter wünscht, dass der Schlaf dem eifersüchtigen Ehemann die Wahrheit offenbart, ihm die Gefahr zeigt, die er wach nicht erkennen kann. Dies ist eine ironische Wendung, da der Schlaf hier nicht nur als Quelle der Ruhe, sondern auch als Mittel zur Aufdeckung von Wahrheiten und zur Besserung der zwischenmenschlichen Beziehungen eingesetzt wird. Der Dichter nutzt diese Gelegenheit, um die negativen Auswirkungen von Eifersucht zu thematisieren und die transformative Kraft des Schlafs hervorzuheben.
Der abschließende Teil des Gedichts ist von einer spielerischen Bitte geprägt. Der Dichter erlaubt dem Schlaf, ihn zu beherrschen, nachdem er sein Glas geleert hat, was auf ein geselliges Zusammensein mit Genuss anspielt. Er bittet den Schlaf, schnell zu kommen und ihm die Möglichkeit zu geben, die „Gestalt“ seiner Geliebten Phyllis zu sehen. Hier verbindet sich die Sehnsucht nach Ruhe und Erholung mit der Hoffnung auf romantische Erfüllung im Traum. Der Schlaf wird somit zu einem Portal, das sowohl Erholung als auch die Möglichkeit bietet, die geliebte Person im Traum zu treffen.
Insgesamt ist „An den Schlaf“ ein leichtfüßiges Gedicht, das die verschiedenen Aspekte des Schlafs aufgreift: seine Fähigkeit, Glück zu bringen, Konflikte zu lösen und Sehnsüchte zu befriedigen. Hagedorn verbindet hier auf humorvolle Weise Elemente der Romantik und des Genusses mit einer leichten Prise Gesellschaftskritik. Das Gedicht unterstreicht die Bedeutung des Schlafs im menschlichen Leben und seine Fähigkeit, sowohl Ruhe als auch erfüllende Träume zu schenken.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.