Rechts, links, über Eck,
Die Henne legt die Eier weg;
Legt sie in ein Bündel Stroh,
Irgendwie, irgendwo;
Kommt der Marder Wagemut,
Jagt die Henne von der Brut,
Rechts, links, über Eck –
Ein Kücken hat – er – weg!
Abzählreim
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Abzählreim“ von Paula Dehmel ist ein kurzes, rhythmisch-spielerisches Gedicht, das auf den ersten Blick wie ein einfacher Kinderreim wirkt, aber bei genauerer Betrachtung eine kleine Erzählung von Verlust und Unglück verbirgt. Es beginnt mit einer Art Zählweise, die sich wie ein Kreislauf wiederholt und durch die Wiederholung eine gewisse Vertrautheit und Unbeschwertheit erzeugt: „Rechts, links, über Eck“. Diese spielerische Einleitung steht in starkem Kontrast zur eigentlichen Handlung.
Die Henne, als Hauptfigur, legt ihre Eier „weg“ und sorgt scheinbar sorglos für ihren Nachwuchs, indem sie sie in einem „Bündel Stroh“ versteckt. Die vage Formulierung „Irgendwie, irgendwo“ deutet auf eine gewisse Nachlässigkeit oder Beiläufigkeit in diesem Prozess hin, was die spätere Tragödie umso dramatischer macht. Der Fokus des Gedichts verlagert sich dann auf den „Marder Wagemut“, der als Antagonist eingeführt wird. Seine Ankunft unterbricht die Idylle und treibt die Henne von ihrem Nest, was den Übergang zum drohenden Unheil markiert.
Das tragische Ende wird durch die Zeile „Ein Kücken hat – er – weg!“ angedeutet. Die Verwendung der abgehackten Sprache und der Pause vor „weg“ verstärkt die Wirkung des Verlustes. Die Kürze und Direktheit der Aussage lassen den Leser die Dramatik des Geschehens sofort erfassen. Das Verschwinden des Küken unterstreicht die Grausamkeit der Natur, in der das Überleben oft vom Glück oder Unglück des Einzelnen abhängt.
Der Abzählreim ist ein geschicktes Beispiel für die Verwendung einfacher Worte und Rhythmen, um eine komplexe Emotion zu erzeugen. Trotz der kindlichen Form vermittelt es eine starke Botschaft von Verlust, Unvorhersehbarkeit und der Zerbrechlichkeit des Lebens. Die Autorin gelingt es, mit wenigen Zeilen eine kleine Geschichte zu erzählen, die sowohl die Freude über das Legen der Eier als auch die Trauer über den Verlust des Küken berührt. Die Wiederholung der Anfangszeile am Ende, „Rechts, links, über Eck -“, schließt den Kreis und unterstreicht die Unvermeidlichkeit des Schicksals.
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Lizenz und Verwendung
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