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Abschied von den Helden

Von

Nicht Friedrichs Helden, welche der Brenne liebt,
Schwerin und Heinrich, Bevern und Winterfeld,
Nicht jeder Gwelse nur und Seidlitz
Sind der gewaltigen Hymne würdig.

Auch ihr, der Staaten friedliche Wächter, habt
Ein hohes Recht an unsern geflügelten
Gesängen; auch der tapfre Richter
Mächtiger Frevel und armer Unschuld;

Auch deren Geist dem immer erneuerten
Geschlecht der Menschen Güter und Künste fand;
Auch wer allwachsam seinen Bürgern
Ueberfluss, Sitte, Gesundheit austheilt.

Noch viele goldne Pfeile ruhn unversucht
Im Köcher eines Dichters, der frühe schon
Sein Leben ganz den liederreichen
Schwestern Uraniens angelobt hat;

Der, hoffend auf die Krone der Afterwelt,
Den bürgerlichen Ehren entsagete;
Der alle Wege, die zum Reichthum
Führen, verliess: ein zufriedner Jüngling.

Verleiht, bevor diess Haupthaar der Reif umzieht,
Ein guter Gott mir Einen Aonischen
Mit Bächen und Gebüsch durchflochtnen
Winkel der Erde: so sollen alle

Durch alle Winde fliegen, den Weisesten
Ein süsser Klang, dem Ohre des blöden Volks
Unmerklich. – Ungeschwächt soll ihre
Töne der Brittische Barde trinken;

Sie sollen hell den Himmel Ausoniens
Durchwirbeln; (dort war ehmals ihr Vaterherd
Auch Galliens vergnügter Sänger
Höre den Nachhall, nicht ohne Scheelsucht.

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Gedicht: Abschied von den Helden von Karl Wilhelm Ramler

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Abschied von den Helden“ von Karl Wilhelm Ramler ist eine Hymne, die sich von der traditionellen Heldendichtung verabschiedet und stattdessen eine breitere Wertschätzung für verschiedene Formen von Heldentum und Verdiensten ausspricht. Es ist eine Reflexion über die Bedeutung von Ruhm, Ehre und das Erbe, das durch Taten und Errungenschaften geschaffen wird.

Ramler beginnt mit einer Abkehr von den klassischen Kriegshelden, die in der militärischen Tradition verankert sind. Er nennt zwar einige berühmte preußische Generäle wie Schwerin, Heinrich, Bevern und Winterfeld, stellt aber klar, dass deren Ruhm nicht die einzige Quelle von Inspiration und Lobpreisung sein sollte. Stattdessen erweitert er den Kreis der zu Verehrenden um „friedliche Wächter der Staaten“ – also diejenigen, die für das Gemeinwohl und die Ordnung sorgen. Zudem werden auch „tapfre Richter“ und Künstler, Wissenschaftler und all jene gewürdigt, die durch ihren Einsatz das menschliche Leben bereichern, seien es in der Kunst, der Wissenschaft oder durch die Verbesserung des Lebensstandards.

Der Dichter offenbart seine persönliche Perspektive und seine Ideale. Er beschreibt seine eigene Hingabe an die Kunst, indem er „den liederreichen Schwestern Uraniens“ – den Musen der Astronomie und der Kunst – sein Leben verschreibt und auf weltliche Güter und den Reichtum verzichtet. Dies deutet darauf hin, dass Ramler das Ideal eines Lebens in der Kunst und im Dienst am Idealen dem Streben nach materiellem Erfolg vorzieht. Sein Wunsch nach einem abgelegenen, idyllischen Ort, wo er seine Kunst entfalten kann, unterstreicht das Bedürfnis nach Freiheit und Inspiration. Er wünscht sich, dass seine Werke in die Welt hinausgetragen werden, von den größten Geistern gehört und verstanden werden und dass sie auch in anderen Kulturen Widerhall finden.

Das Gedicht ist durchdrungen von einer Sehnsucht nach Anerkennung und dem Wunsch nach unvergänglichem Ruhm, der nicht nur den kriegerischen Helden vorbehalten ist. Ramler sehnt sich danach, dass seine Verse von Dichtern wie dem britischen Barden getrunken, von denen in Italien (Ausoniens) und Gallien gelesen werden. Es ist ein Ausdruck des Stolzes auf die eigene Kunst und des Wunsches, einen bleibenden Beitrag zur Welt zu leisten, der über die eigene Zeit hinauswirkt. Die erwähnten Orte repräsentieren die kulturelle Reichweite, die Ramler mit seinen Werken erreichen möchte.

Insgesamt ist „Abschied von den Helden“ eine Hymne, die das traditionelle Heldenbild erweitert und eine umfassendere Sicht auf das Heldentum bietet. Es feiert nicht nur militärische Tapferkeit, sondern auch bürgerliche Tugenden, künstlerische Errungenschaften und das Streben nach dem Gemeinwohl. Durch seine persönlichen Wünsche und seine Hingabe an die Kunst offenbart Ramler seine eigenen Werte und seine Hoffnung auf ein Vermächtnis, das über die Vergänglichkeit des irdischen Daseins hinausreicht.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.