Weltumsegler! Du suchtest auf pfadlosem Ozean Zonen,
Wo die Unschuld der Ruh böte vertraulich die Hand!
Edler Forscher, was fandest du dort? Die Kinder der Erde
All′ an Schwachheit sich gleich, alle dem Tode geweiht.
Sohn der Freiheit! Du öffnetest ihr die männliche Seele,
Ihr, die vom Himmel herab sandte der Vater zum Heil.
Ach! Es wandte die Göttin sich schnell von der blutigen Erde;
Forster! Du schwebtest mit ihr, hin wo dein Suchen sich lohnt.
Grabschrift auf Georg Forster
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Grabschrift auf Georg Forster“ von Friederike Sophie Christiane Brun ist eine ergreifende Elegie, die dem Naturforscher und Weltumsegler Georg Forster gewidmet ist. Die ersten beiden Verse zeichnen ein Bild des Forschers als einen, der die Welt erkundete, um in unberührten Regionen, „auf pfadlosem Ozean“, nach Orten zu suchen, wo Unschuld und Ruhe in Harmonie existieren. Die Metapher der Suche nach dem „vertraulichen“ Händedruck der Unschuld deutet auf ein tiefes Sehnen nach Reinheit und Frieden hin, Eigenschaften, die Forster in seiner wissenschaftlichen Arbeit und seinen Idealen suchte.
Die folgenden Verse thematisieren das Scheitern dieses Strebens. „Edler Forscher, was fandest du dort?“ fragt die Dichterin rhetorisch, um dann die ernüchternde Antwort zu geben: „Die Kinder der Erde / All‘ an Schwachheit sich gleich, alle dem Tode geweiht.“ Diese Zeilen offenbaren eine pessimistische Sicht auf die Menschheit, die in ihrer Schwäche und Sterblichkeit vereint ist, unabhängig von ihrer geographischen oder kulturellen Herkunft. Der Kontrast zwischen der erhofften Unschuld und der festgestellten Vergänglichkeit der menschlichen Existenz verstärkt die Tragik des Gedichts.
In den letzten Versen wendet sich Brun Forsters Idealen zu. Sie bezeichnet ihn als „Sohn der Freiheit“, der „die männliche Seele“ der Freiheit öffnete, und spielt damit auf Forsters Engagement für die Ideale der Französischen Revolution an. Die „Göttin“ – vermutlich die Freiheit oder eine andere positive Macht – wird von der „blutigen Erde“ abgewandt, was auf die Gewalt und das Scheitern der Revolution hinweist. Forster, der in dieser Situation als Idealist und Anhänger der Freiheit gesehen wird, „schwebte“ mit ihr, was darauf hindeutet, dass er letztendlich in eine Sphäre entrückt wurde, „wo dein Suchen sich lohnt“. Dies deutet auf ein postmortales Reich hin, in dem seine Ideale und sein Streben nach Erkenntnis endlich Erfüllung finden.
Insgesamt ist das Gedicht eine Hommage an einen Mann, der nach Idealen suchte und diese auch verteidigte, der aber mit der Realität der menschlichen Schwäche konfrontiert wurde. Es ist eine Meditation über das Scheitern, die Vergänglichkeit und die Hoffnung auf eine transzendente Erfüllung. Bruns elegische Sprache, geprägt von Pathos und einem Hauch von Melancholie, unterstreicht das Gefühl des Verlustes und die Wertschätzung für Forsters Ideale.
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