Wir fanden Glanz
Wir fanden Glanz, fanden ein Meer, Werkstatt und uns.
Zur Nacht, eine Sichel sang vor unserm Fenster.
Auf unsern Stimmen fuhren wir hinauf,
Wir reisten Hand in Hand.
An deinen Haaren, helles Fest im Morgen,
Irr flogen Küsse hoch
Und stachen reifen Wahnsinn in mein Blut.
Dann dursteten wir oft an wunden Brunnen,
Die Türme wehten stählern in dem Land.
Und unsre Schenkel, Hüften, Raubtierlenden
Stürmten durch Zonen, grünend vor Gerüchen.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Wir fanden Glanz“ von Ernst Wilhelm Lotz entwirft eine Szenerie von Entdeckung, gemeinsamer Reise und intensiver körperlicher wie emotionaler Erfahrung. Es beginnt mit einer emphatischen Aussage des gemeinsamen Findens, das sowohl eine materielle Komponente (Meer, Werkstatt) als auch eine innere Dimension (Wir, Uns) umfasst. Die Nacht, symbolisiert durch die „Sichel“, wird zur Bühne für diese Erfahrungen, wobei die „Stimmen“ der Protagonisten sie in eine gemeinsame Bewegung treiben, eine Reise „Hand in Hand“. Dies etabliert eine Atmosphäre von Verbundenheit, Entdeckungslust und gegenseitiger Unterstützung.
Der zweite Teil des Gedichts konzentriert sich auf die Sinnlichkeit und die Intensität der Beziehung zwischen den „Wir“-Figuren. Die „hellen“ Haare der geliebten Person werden zum Ausgangspunkt für eine Flut von „Irr“ fliegenden Küssen, die „reifen Wahnsinn“ in das Blut des Sprechers stechen. Dieser Wahnsinn scheint von einer tiefen, fast animalischen Sehnsucht getrieben zu sein. Die Bilder der „wunden Brunnen“, an denen Durst gestillt wird, und der „stählernen“ Türme, die im Land wehen, schaffen eine Spannung zwischen Verletzlichkeit und Stärke, zwischen Sehnsucht und den Herausforderungen der Umwelt.
Die letzten Zeilen des Gedichts verstärken diese körperliche und emotionale Intensität. Die „Raubtierlenden“ symbolisieren eine rohe, ungezügelte Leidenschaft und Wildheit. Das Eindringen durch „Zonen, grünend vor Gerüchen“ deutet auf eine Auseinandersetzung mit der Natur und mit dem eigenen Körper hin, ein Erleben von Sinnlichkeit in ihrer reinsten Form. Das Bild der „grünenden Gerüche“ erzeugt eine synästhetische Erfahrung, die die Sinne anregt und die Intensität der körperlichen und emotionalen Begegnung unterstreicht.
Insgesamt zeichnet das Gedicht das Bild einer leidenschaftlichen, sinnlichen und existenziellen Erfahrung, die von der Entdeckung gemeinsamer Ziele bis hin zur körperlichen Vereinigung reicht. Es feiert die Schönheit und Intensität des Lebens und der Liebe, aber auch die damit verbundenen Risiken und die Gefahr des Wahnsinns. Lotz vermischt dabei Elemente der Romantik mit expressiven Bildern und schafft so eine Atmosphäre, die sowohl von Euphorie als auch von Melancholie geprägt ist.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.