Nachtwache. Rot. Ein Atem ringt in uns…
Nachtwache. Rot. Ein Atem ringt in uns.
Ein Wind will auf. Voll Fremde, Heimweh-Schluchzen.
Wir suchen irr. Nach Fleisch, nach Welt. Nach Lachen
Wir sind umragt von uns.
Der Durchbruch stockt. Die Fesseln. Schwer das Blut.
Versenkt die Brunst, die stöhnt und aufwärts möchte.
Wir wollen Glanz und Weite, helle Höhen,
vom Meer umweht. Und Küsse, tief ins Fleisch
lechzende Jagd durch flammende Gebirge
nach Panthern, Affen, Frauen
und nach Schlaf.
Nach süßen Nächten, die uns schlafen lassen.
Wir sind nach Inseln toll in fremden Welten.
Denn wir sind außer uns: Vor unsrer Engel!
Und bauen immer heiß an unserm Traum.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Nachtwache. Rot. Ein Atem ringt in uns…“ von Ernst Wilhelm Lotz zeichnet sich durch seine expressiven Bilder und die dichte Atmosphäre aus, die von Sehnsucht, innerer Unruhe und dem Ringen nach Befreiung geprägt ist. Das lyrische Ich scheint gefangen in einer Nachtwache, einem Zustand des Wartens und der inneren Auseinandersetzung, der von dem Gefühl der Enge und des Verlangens nach Freiheit dominiert wird. Die Farbe Rot, die im Titel genannt wird, deutet auf Leidenschaft, Vitalität und möglicherweise auch auf Schmerz und Gefahr hin.
Der erste Teil des Gedichts beschreibt den Zustand der Gefangenschaft und des inneren Konflikts. Die „Fesseln“ und das „schwere Blut“ symbolisieren die Beschränkungen und Hemmungen, die das lyrische Ich erlebt. Der „Atem, der ringt“ und das „Heimweh-Schluchzen“ drücken die Sehnsucht nach etwas Unbekanntem aus, nach einer Welt, die außerhalb der eigenen Grenzen liegt. Die Suche nach „Fleisch, nach Welt, nach Lachen“ offenbart das elementare Verlangen nach sinnlicher Erfahrung und Lebensfreude. Das „Umragtsein von uns“ deutet auf eine existentielle Einsamkeit und die Unfähigkeit, aus dem eigenen Ich auszubrechen.
Im zweiten Teil wird die Sehnsucht nach Freiheit und Erfüllung konkreter. Das lyrische Ich sehnt sich nach „Glanz und Weite, helle Höhen“, nach dem „Meer umweht“ und nach intensiven sinnlichen Erfahrungen wie „Küsse, tief ins Fleisch“. Die „lechzende Jagd durch flammende Gebirge“ und die Suche nach „Panthern, Affen, Frauen“ stehen für das Verlangen nach Abenteuer, Ekstase und dem Ausbruch aus konventionellen Normen. Der Wunsch nach „Schlaf“ und „süßen Nächten“ offenbart zudem die Sehnsucht nach Ruhe und dem Ende des inneren Zwangs.
Die letzten Verse verstärken den Eindruck des Ausbruchs und der Suche nach dem Transzendenten. Das „Außer-uns-Sein“ und die Besessenheit von den eigenen „Engeln“ deuten auf eine übersinnliche Erfahrung hin, auf eine Loslösung von der Realität und die Hinwendung zu einer idealisierten Welt. Das „Bauen an unserm Traum“ unterstreicht die schöpferische Kraft der Sehnsucht, die das lyrische Ich antreibt. Lotz‘ Gedicht ist somit ein eindringliches Bekenntnis zur menschlichen Suche nach Identität, Freiheit und Erfüllung, die durch die Widersprüche und Grenzen des Daseins hindurch immer wieder neu entfacht wird.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.