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Der Hagel

Von

Kommt Mädchen, laßt uns eilig
Die schönen Perlen sammeln,
Die uns der gute Himmel
Mit vollen Händen zuwirft!
Dann wollen wir in Schnüre
Sie fassen, und am Halse
Und zwischen unsern Locken
Sie tragen, wie die Töchter
Der Reichen, die von nun an
So stolz nicht und verächtlich
Auf uns herabsehn werden.
Seht wie sie groß und rund sind
Und klar, als wären wirklich
Sie alle von Krystalle!

Nicht um euch zu bereichern,
Ließ uns vor euch der Himmel
In solcher Menge fallen.
Ihr sollet euch ergötzen
An unsrer Form und Klarheit.
Wünscht und erfleht vom Himmel,
O Mädchen, nichts als was euch
Zum Leben unentbehrlich
Ist: Speise, Trank und Kleidung
Und eine Hütte, die euch
Vor Wind und Regen schütze.
Denn Reichthum, liebe Mädchen,
Verhärtet nur die Herzen,
Erzeuget Neid und Hochmuth.
Seht, wir vergehen alle
In euern jungen Händen.
So kommen und verschwinden
Die Schätze bei den Menschen;
Man kann auf sie nicht rechnen,
Wir aber, holde Mädchen,
Verwandeln uns in Wasser,
So klar und rein, daß keines
Von allen euern Quellen
Es jemals wagt, mit uns sich
An Reinheit zu vergleichen.

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Gedicht: Der Hagel von Elisabeth Kulmann

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Hagel“ von Elisabeth Kulmann ist eine poetische Reflexion über Vergänglichkeit, Bescheidenheit und die wahre Natur von Reichtum. Es präsentiert eine allegorische Unterhaltung zwischen dem Hagel, der in Form von „Perlen“ auf die Erde fällt, und den Mädchen, die diese sammeln.

Der erste Teil des Gedichts beschreibt das Sammeln der Hagelkörner, die mit ihren „Perlen“ verglichen werden. Die Mädchen werden dazu angehalten, die Hagelkörner zu sammeln, um sich damit zu schmücken und dadurch den Schein von Reichtum zu erwecken und sich vor den wohlhabenden Töchtern zu behaupten. Dies deutet auf den Wunsch nach sozialer Anerkennung und die oberflächliche Bedeutung von äußerem Besitz hin. Der Hagel betont die Schönheit und Reinheit seiner Form und lädt die Mädchen ein, sich an seiner Vergänglichkeit zu erfreuen.

Im zweiten Teil wird die eigentliche Botschaft des Gedichts offenbart. Der Hagel ermahnt die Mädchen, sich nicht nach materiellem Reichtum zu sehnen. Er betont, dass wahre Werte in den grundlegenden Bedürfnissen des Lebens – Speise, Trank, Kleidung und Obdach – liegen. Reichtum, so die Aussage, führt zu Herzensverhärtung, Neid und Hochmut. Dies ist eine klare Kritik an der Oberflächlichkeit und den negativen Auswirkungen von materiellem Besitz. Der Hagel zeigt seine eigene Vergänglichkeit, was ein zentrales Motiv des Gedichts ist.

Der Hagel verweist abschließend auf seine Verwandlung in reines Wasser und unterstreicht so die Bedeutung von Reinheit und Unvergänglichkeit, im Gegensatz zur flüchtigen Natur des Reichtums. Das Gedicht verdeutlicht eine tiefe Weisheit, die über die reine Betrachtung hinausgeht. Es ist eine Mahnung zur Bescheidenheit, zur Wertschätzung der einfachen Freuden des Lebens und zur Erkenntnis, dass wahre Werte in der inneren Reinheit und nicht im äußeren Besitz zu finden sind. Kulmann verpackt diese philosophische Aussage in eine einfache, aber eindringliche Sprache, die die Botschaft nachhaltig vermittelt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.