Der Liebende an eine verwelkte Blume
Diese Blume – ach sie kam von ihr!
Auch verwelkt noch ist sie heilig mir.
Längst sind ihre Farben hingeschwunden,
Wie die Seeligkeit vergangner Stunden –
Aber dennoch bleibt sie heilig mir,
Diese Blume – denn sie kam von ihr.
Tausend blühen schimmernd jetzt im Hain –
Farb′ und Duft erfüllt ihr kurzes Seyn –
Aber mich reizt ihre Schönheit nicht,
Wenn nicht ihre Hand sie für mich bricht.
Längst verblichne Blume, Du allein
Sollst mir Weihgeschenk des Frühlings seyn.
Thränen trüben schwellend meinen Blick,
Denk′ ich an den schönen Tag zurück,
Wo sie Dich im Morgenthau mir pflückte,
Und ich zärtlich an mein Herz Dich drückte.
Theure Blume – – mein entfloh′nes Glück
Kehrt wie deine Farbe nie zurück!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Der Liebende an eine verwelkte Blume“ von Charlotte von Ahlefeld ist eine ergreifende Liebeserklärung, die die Vergänglichkeit und die Macht der Erinnerung thematisiert. Im Mittelpunkt steht eine verwelkte Blume, die für den Sprecher einen unschätzbaren Wert besitzt, da sie von der geliebten Person stammt. Die Verse drücken die tiefe Verbundenheit des Liebenden mit der Vergangenheit und die anhaltende Wertschätzung für das, was einmal war, aus. Die Blume dient als greifbares Symbol für die verlorene Liebe und die unvergesslichen Momente des Glücks.
Das Gedicht zeichnet sich durch einen starken Kontrast zwischen der äußeren Erscheinung der Blume und ihrer inneren Bedeutung aus. Während die Blume selbst „verwelkt“ ist und ihre „Farben hingeschwunden“ sind, ist sie dem Liebenden „heilig“. Dieser Widerspruch verdeutlicht, dass die wahre Bedeutung nicht in der äußeren Schönheit, sondern in der Erinnerung und der Verbindung zur geliebten Person liegt. Die Zeile „Längst verblichne Blume, Du allein / Sollst mir Weihgeschenk des Frühlings seyn“ betont die Exklusivität der Erinnerung und die Wehmut, die mit der Vergänglichkeit einhergeht.
Im zweiten Teil des Gedichts wird die Distanz zur Gegenwart weiter verdeutlicht. Während im Hain tausend andere Blumen blühen und ihre Schönheit zur Schau stellen, kann der Liebende sich nicht für diese begeistern. Nur eine Blume, die von der geliebten Hand gepflückt wurde, hat für ihn Wert. Dies unterstreicht die Bedeutung der individuellen Erfahrung und der persönlichen Verbindung. Der Sprecher ist an die Vergangenheit gebunden, und die Erinnerung an die geliebte Person und die gemeinsamen Momente überwiegt alles andere.
Das Gedicht gipfelt in einem Moment der Trauer, wenn der Sprecher an den Tag zurückdenkt, an dem die Blume gepflückt wurde. Die „Thränen“ trüben seinen Blick, und er erkennt, dass das Glück, das er einst erlebte, „wie deine Farbe nie zurückkehrt“. Dieser melancholische Ausblick verdeutlicht die Schmerzlichkeit des Verlustes und die Unfähigkeit, die Vergangenheit wiederzuerlangen. Die verwelkte Blume wird so zu einem mahnenden Symbol für die Vergänglichkeit des Glücks und die Unvermeidlichkeit des Abschieds.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.