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Was will ich mehr

Von

Was will ich mehr, als flüchtig dich erblicken?
Was wär ich, trüg ich heißeres Verlangen?
In welche Netze würd ich, wenn ich hangen
An deinem Auge bliebe, mich verstricken!

Was will ich mehr noch, als ein eilig Nicken?
Es würden deine Worte mich befangen:
Vom Schützen wird ein Vogel rasch umgangen,
Wenn mehr er will, als an der Kirsche picken.

Wohl mögen Reize, die so ganz dein eigen,
Den Wunsch der Sehnsucht in den Andern wecken,
Sich dir zu nahn und dir ein Herz zu zeigen.

Ich werde nur, wenn Jene sich entdecken,
Vor deiner Schönheit huldigend mich neigen,
Nicht Eine Silbe soll dein Ohr erschrecken!

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Gedicht: Was will ich mehr von August von Platen

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Was will ich mehr“ von August von Platen ist ein kleines Meisterwerk der Zurückhaltung und des subtilen Begehrens. Es zeichnet sich durch eine tiefe Reflexion über die Natur der Liebe und die Grenzen der menschlichen Sehnsucht aus. Der Sprecher entscheidet sich bewusst für die flüchtige Begegnung und vermeidet die Versuchung, sich in intensiveren Gefühlen zu verlieren. Er erkennt die Gefahr, die in der Intensität des Verlangens liegt, und wählt stattdessen eine Haltung der Distanz und des Respekts.

In den beiden ersten Quartetten wird deutlich, dass der Sprecher die Intensität der Gefühle fürchtet. Die Frage „Was wär ich, trüg ich heißeres Verlangen?“ deutet auf eine Ahnung des potenziellen Unglücks hin, das mit einem übermäßigen Verlangen einhergehen könnte. Die Metapher der „Netze“, in denen er sich verstricken würde, unterstreicht diese Angst vor der Vereinnahmung durch die Liebe. Das Bild des Vogels, der nur kurz an der Kirsche pickt, veranschaulicht die Idee der kontrollierten Befriedigung und des Verzichts auf ein tieferes, potenziell gefährliches Eintauchen.

Die letzten beiden Terzetten offenbaren die wahre Größe des Sprechers. Während er die Schönheit der Geliebten bewundert, verzichtet er auf jegliche Anmaßung. Er begnügt sich mit der flüchtigen Begegnung, dem „eilig Nicken“ und der Möglichkeit, die Schönheit aus der Ferne zu bewundern. Dies zeugt von einer tiefen Einsicht in die Komplexität der Liebe und der Fähigkeit, sich selbst zu beherrschen. Die „silbe“, die sein Ohr nicht erschrecken soll, könnte als die Geste des verzichtenden Sprechers verstanden werden, der sich selbst zurücknimmt, um die Anmut der Angebeteten nicht zu stören.

Platens Gedicht ist somit eine Ode an die Selbstbeherrschung und die stille Bewunderung. Es demonstriert, dass wahre Liebe nicht unbedingt durch Besessenheit, sondern durch Respekt, Distanz und die Fähigkeit, sich selbst zu kontrollieren, zum Ausdruck kommt. Der Sprecher findet in der Zurückhaltung eine größere Freiheit, während er die Schönheit des Objekts seiner Begierde ungestört bewahren kann. Das Gedicht ist ein Zeugnis der Erkenntnis, dass manchmal weniger mehr ist – sowohl in der Liebe als auch im Leben.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.