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Zeitgeist

Von

Die Uhr der Zeit läßt nicht zurück sich stellen,
Denn vorwärts drängt der Zeiger ohne Rast;
Und all das Bollwerk will und muß zerschellen,
Das hemmend in des Rades Speichen faßt.

Die Zeit, wo man mit Ammenmärchen schreckte,
Die Zeit, wo man in starre Fesseln schlug
Den Geist, der tief im Schlamm des Irrwahns steckte,
– Die ist vorbei – vorbei der Pfaffentrug.

Doch immer noch will man den Zeiger rücken,
Damit’s am Morgen schlage Mitternacht;
Noch immer will den Geist man niederdrücken,
Der lichtwärts strebt, nach langer, banger Nacht.

Noch säen tausend finstere Gestalten
Den Drachensamen: Geistesnacht und Krieg;
Drum laßt der Freiheit Banner hoch uns halten,
Laßt fest uns stehen, und unser ist der Sieg.

Die Uhr der Zeit läßt nicht zurück sich stellen,
Denn vorwärts drängt der Zeiger ohne Rast,
Und „vorwärts“ ruft’s aus Millionen Kehlen,
Auch euch reißt’s mit, die ihr den Fortschritt haßt!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Zeitgeist von Ferdinand Freiligrath

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Zeitgeist“ von Ferdinand Freiligrath thematisiert den unaufhaltsamen Fortschritt der Zeit und den Kampf gegen reaktionäre Kräfte, die diesen aufhalten wollen. Die zentrale Metapher der Uhr verdeutlicht, dass die Entwicklung der Gesellschaft nicht rückgängig gemacht werden kann – der Zeiger bewegt sich unaufhaltsam vorwärts. Wer versucht, das Rad der Zeit zu blockieren, wird letztlich scheitern, denn Veränderung ist unausweichlich.

Freiligrath stellt die Vergangenheit als eine Zeit der Unterdrückung und Unwissenheit dar, in der der menschliche Geist durch Dogmen und Aberglauben gefesselt wurde. Doch diese Ära des „Pfaffentrugs“, also der kirchlichen Bevormundung, ist nach seiner Ansicht überwunden. Dennoch gibt es weiterhin Mächte, die versuchen, den Fortschritt zu behindern, indem sie alte Strukturen aufrechterhalten und geistige Freiheit unterdrücken.

Im letzten Teil des Gedichts ruft der Dichter zum Widerstand auf: Die Freiheit muss aktiv verteidigt werden, denn noch immer werden „Geistesnacht und Krieg“ gesät. Doch der Fortschritt lässt sich nicht aufhalten, da Millionen Stimmen nach Veränderung rufen. Das Gedicht endet mit einer kämpferischen Botschaft: Selbst die Gegner des Wandels werden letztlich von der Welle der Erneuerung mitgerissen. Freiligrath stellt sich hier als entschiedener Verfechter des Fortschritts dar und formuliert eine optimistische Vision einer freien, aufgeklärten Zukunft.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.