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Auf den Tod meines lieben siebenjährigen Töchterchens Hilda Antonia

Von

Haischt dia Kinderlusi? Vola
Freuda tant se Fäßla trola
Dött vom grüana Beargle ra,
Und se rennet ouf und a
Ueber Blüamla blo und raut.
Doch im Busch dinn sitzt der Taud.
O, mei‘ Mägdle will em tauga,
Loht mers nimma uß de Auga.

S brävscht von älle hot er funda,
Eba leits am Beargle unta,
Von de Blüamla schiar verdeckt.
Hui, do hot er d Zänna bleckt
Und da Boscha niederdruckt
Und sein Säagas gegam zuckt
Und in d Seita stearble troffa,
Daß koi‘ Grota maih zum Hoffa.

S Mägdle schreit und langt an d Seita,
Und der Taud tuat weiter schreita,
Sait: „was tuari länger do?
S Mägdle kommt mer bald gnua no!“
S hot sei‘ Sächle freile ghätt,
Und sie füahrats hoim ins Bett,
Und da Taud im junga Heaza
Walats rum in seini Schmeaza.

Vater, Muater, Schwester heinet,
Mittel, wo de beschte scheinet,
Schlaget älle nimme a‘,
Und ma‘ sieht bald, wo ma‘ dra‘
Mit em kranka Mägdle ischt.
Hilf, o lieber Jesu Chrischt,
Tuars in Gnada von seim baisa
Leida, Hearr, doch bald vertlaisa!

Was üs aber schmeazt am meischta,
Ischt, daß s Mägdle üs will traischta,
Sait: „o heinet nimmamaih,
Denn as tuat jo miar nu‘ waih.“
Und as beatet still und fromm:
„Jesuskindle, hol mi, komm!“
Hairt ma’s beata, sieht ma’s ringa,
Möcht oim s Heaz im Leib verspringa.

Endle tuats gem Himmel ziela,
S sieht zwoi weißi Täubla spiela,
Tanza uffam grüana Zwei,
Und verzällt sei‘ Phantasei:
S seah en Engel beinem stauh‘,
Wöll mit ihm in Himmel gauh‘,
Und dear täar noh Bluama brocka
Zum a Kranz uff seini Locka.

Lächlat druff und ischt verschieda.
O do leits so still im Frieda,
Wia a weißi Ilg so rei‘,
Und miar froget: ka’s au sei‘?
Ischt des eusa heazigs Kind,
Wo grad eaba noh so gschwind
Uebers Beargle ra ischt gsprunga
Und so liable eaba gsunga?“

Und mer fanget ana klaga,
D Händ voar Jomer zäma schlaga,
Wäger, eusa Kind ischt taut,
S Räusle, wo so frisch und raut
Grad noh duftat hot so süaß,
Leit verrupft voar eusri Füaß.
Schreia möcht i – gäbs koi‘ Hoffa!
Hätt der Strohl mi liabar troffa!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Auf den Tod meines lieben siebenjährigen Töchterchens Hilda Antonia von Michel Buck

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Auf den Tod meines lieben siebenjährigen Töchterchens Hilda Antonia“ von Michel Buck ist ein zutiefst bewegendes, in schwäbischer Mundart verfasstes Klagelied über den Tod eines Kindes. Es verbindet schlichte volkstümliche Sprache mit großer emotionaler Intensität und zeichnet ein liebevolles wie schmerzvolles Bild der kleinen Tochter, ihres Todes und des unermesslichen Verlusts der Hinterbliebenen.

Zu Beginn wird die kindliche Lebensfreude der kleinen Hilda geschildert: Sie spielt lachend am grünen Hügel, tanzt über Blumen, unbeschwert und voller Energie. Diese Idylle wird jäh unterbrochen, als „der Tod im Busch“ lauert – dargestellt als unheimlicher „Boscha“ mit „Zänna bleckt“ und „Säagas gegam“. Die Darstellung ist fast märchenhaft und zeigt den Tod als lauernde Gewalt, die völlig unvorbereitet zuschlägt. Der Kontrast zwischen kindlicher Unschuld und grausamer Endlichkeit wird dadurch umso drastischer.

Besonders erschütternd ist die Beschreibung des leidenden Mädchens, das bald darauf im Bett liegt, schwer getroffen, sterbend. Alle Hilfe bleibt vergebens, selbst die besten Mittel schlagen nicht an. In dieser Ausweglosigkeit richtet sich der Blick auf Jesus Christus – ein flehentliches Gebet um Erlösung von Leiden, sowohl für das Kind als auch für die Eltern.

Tief unter die Haut geht die Wendung, dass nicht die Eltern das Kind trösten, sondern das Kind seine Eltern: Hilda bittet sie, nicht mehr zu weinen, da es ihr nur „mehr wehtut“. Ihre Worte und ihr Gebet – „Jesuskindle, hol mi, komm!“ – zeigen eine kindlich-innige Frömmigkeit und den friedlichen Übergang vom irdischen Schmerz zur himmlischen Hoffnung. Sie sieht Engelsgestalten, weiße Tauben, Blumenkränze – eine tröstliche Vision vom nahenden Himmel.

Die letzten Strophen spiegeln die Sprachlosigkeit und den inneren Aufschrei der trauernden Familie. Der Anblick des toten Kindes, so still, so rein „wie a weißi Ilg“, ist kaum mit der Erinnerung an das eben noch lebendige, singende Kind zu vereinen. Die letzte Zeile – „Hätt der Strohl mi liabar troffa!“ – bringt den Schmerz des Vaters auf den Punkt: Lieber hätte er selbst den Tod genommen.

Michel Bucks Gedicht ist eine eindrucksvolle Trauerdichtung, die durch die Einfachheit der Sprache, die authentischen Bilder und die tief empfundene Liebe zum verstorbenen Kind eine große emotionale Wirkung entfaltet. Es ist zugleich ein Ausdruck tiefer Verzweiflung und stiller Hoffnung.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.