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Körners Todesfeier, 26. Aug. 1822

Von

Verstummt bist du, der goldnen Saiten Spiel,
Von einem edeln Sänger einst geschlagen,
Du rostest, treues Schwert, das in den Feind
So oft ein tapfrer Jünglingsarm getragen.
Mit stillem Antlitz schaut der Mond herab,
Geheiligt steht in seinem Glanz die Körner-Eiche.
Sein milder Strahl dringt durch die dunkeln Zweige,
Er schaut herab auf eures Meisters Grab.

Wie heilig ist doch eines Helden Gruft,
Es hebt die Seele ein begeistert Wehen
Auf von der Erde zu der Sel′gen Sitz,
Die Helden in dem Siegerkranz zu sehen.
Doch eine Träne trübt den trunknen Blick,
Was hält zurück der Seele heißes Sehnen?
Was füllt das trunkne Auge uns mit Tränen?
Die Wehmut hält der Seele Flug zurück.

Nicht immer bleibet fest das hohe Ziel,
Das heil′ge Märtyrer errungen hatten;
Nicht immer blühen aus vergoßnem Blut
Der Tapfern auf – der Freiheit goldne Saaten:
Ein dunkler Geist zieht durch die Erde hin,
Mit dürrem Sand begräbt sein blindes Wüten
Die schöne Saat; des Helden Lorbeerblüten
Und seines Sieges Früchte sind dahin.

Nur jenseits von der alten Sonnenbahn,
Dort bei des Lichtes unversiegter Quelle,
Nicht hier in kalter, dumpfer Erdennacht,
Dort strahlt um ihn des ew′gen Tages Helle.
Dort ist sein Lohn, erkämpft im Schlachtentod,
Dort schallt sein Siegsgesang in höhern Worten,
Und seine Lyra tönt in reineren Akkorden
Und seines Dankes Töne hört ein Gott.

Doch nein! zurück! zurück, kleinmütig Herz,
Noch ist das Diesseits nicht so ganz gesunken,
Noch leben heil′ger Glaube und Vertraun
Und in der Asche glühn noch Götterfunken;
Oft hast du sie im Liede angeweht,
Gefallener, im Hauche deiner Saiten,
Wenn du gesungen von der Väter Zeiten,
Von unsrer Zuversicht, die nimmer untergeht.

Noch lebt in deutscher Männer starker Brust
Die heil′ge Inbrunst für der Väter Boden,
Noch wollen sie, wie du, ein freies Land
Oder sich betten bei den freien Toten!
Ob dunkele Gewölke gegenüberstehn
Und Welt und Teufel ihre Blitze schnellen,
Durch! muß der Pfeil, die Wolke wird zerschellen,
Was Zeit gebar, muß zeitlich untergehn.

O Körner, Körner! sieh herab auf uns,
Entlocke Siegestöne deiner Leier,
Zum Kampf bereit ist deiner Brüder Schar,
Es flammt in unsrer Brust dein Heldenfeuer.
So schwören wir dem Vaterlande heut,
Das du gerötet mit der Todeswunde,
Wir schwören′s jetzt in deiner Siegerstunde,
O Körner! höre du den heil′gen Eid!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Körners Todesfeier, 26. Aug. 1822 von Wilhelm Hauff

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Körners Todesfeier, 26. Aug. 1822“ von Wilhelm Hauff ist eine ergreifende Elegie, die das Andenken an den Dichter und Freiheitskämpfer Theodor Körner feiert, der 1813 in den Befreiungskriegen fiel. Das Gedicht spiegelt die Trauer über Körners Tod wider, zugleich aber auch den Glauben an seinen bleibenden Ruhm und das unsterbliche Ideal der Freiheit, für das er stand. Es ist eine Hommage, die Trost in der Erinnerung sucht und die Lebenden zum Weitertragen von Körners Vermächtnis aufruft.

Das Gedicht beginnt mit einer melancholischen Beschreibung der Stille und des Verfalls: Die goldene Saite des Dichters schweigt, das Schwert rostet, und der Mond schaut traurig auf Körners Grab. Diese einleitenden Verse setzen den Ton für das gesamte Gedicht und erzeugen eine Atmosphäre der Trauer. Zugleich wird die Natur als Zeuge und Hüter von Körners Andenken personifiziert. Der zweite Teil des Gedichts reflektiert über die Bedeutung des Heldentodes, der die Seele erhebt und ein Gefühl der Begeisterung hervorruft. Doch auch hier wird die Trauer nicht ausgespart: Eine Träne trübt den Blick, und die Wehmut hält das Sehnen nach dem Verstorbenen zurück.

Im weiteren Verlauf thematisiert Hauff die Fragilität des Ruhms und die Vergänglichkeit irdischer Errungenschaften. Es wird auf die Möglichkeit hingewiesen, dass die Ideale, für die Körner kämpfte, durch „einen dunklen Geist“ und „dürren Sand“ begraben werden könnten. Dies ist ein Hinweis auf die politische Realität und die mögliche Wiederkehr von Unterdrückung. Doch diese düstere Betrachtung wird durch den optimistischen Schluss des Gedichts aufgehoben, der Körner in einer jenseitigen, ewigen Sphäre der „Lichtes unversiegter Quelle“ verortet. Dort empfängt er seinen Lohn und singt seinen Siegesgesang.

Die letzten beiden Strophen sind ein Aufruf an die Lebenden. Hauff beschwört das „kleinmütige Herz“ und erinnert an den „heil′gen Glauben“ und das „Vertraun“, das in der Asche glüht. Die deutsche Nation wird als Trägerin der Ideale Körners verehrt. Die „starke Brust“ der deutschen Männer soll die „heil′ge Inbrunst“ für das Vaterland bewahren und den Kampf für Freiheit fortsetzen. Das Gedicht gipfelt in einem feierlichen Schwur, in dem die Gemeinschaft gelobt, Körners Werk fortzuführen und für die Ideale einzustehen, für die er sein Leben gab.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Körners Todesfeier“ ein komplexes Gedicht ist, das Trauer, Hoffnung und Kampfgeist vereint. Es ist eine Huldigung an einen Helden und ein Aufruf an die Lebenden, das Erbe Körners zu bewahren. Das Gedicht wechselt zwischen elegischen Momenten und kämpferischen Appellen, wobei die Sehnsucht nach dem Verlorenen und der Glaube an eine bessere Zukunft eine Einheit bilden. Es ist ein eindrucksvolles Beispiel für patriotische Dichtung, das die Bedeutung von Freiheit, Opferbereitschaft und dem ewigen Kampf gegen Unterdrückung hervorhebt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.