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Burschenschaftslied

Von

Kommt′s von oben, so wird′s bestehn,
Ist′s von der Erde, muß′s untergehn.

Als einst vom blut′gen Waffentanze
Heim zogen in dem Siegerkranze,
Der deutschen Krieger tapfre Reihn,
Da schwuren sie′s mit treuen Händen,
Ob Ost, ob West und Nord sie trennten,
Ein freies deutsches Volk zu sein.

So zogen zu den alten Musen,
Begeisterung im treuen Busen,
Die Burschen aus dem Kampf zurück;
Doch was sie sich so heiß ersehnten,
Was sie so schön zu finden wähnten,
Sie fanden nicht der Eintracht Glück.

Noch trennte eines Volkes Brüder
Der alten Zwietracht blut′ge Hyder,
Die alle Freundschaftsbande reißt;
Parteisucht, Stolz und schnöde Rache,
Zerstörten noch die gute Sache
Und hielten fern den bessern Geist.

Da regten sich in bessern Herzen
Der Sehnsucht tiefgefühlte Schmerzen,
Die Wehmut um des Volkes Not –
Und plötzlich lodern auf die Flammen
Und leuchtend schlagen sie zusammen,
Zu einer Flamme Morgenrot.

Es fallen jene rohen Horden,
Es reißen jene alten Orden,
Es sinkt die alte Barbarei;
Und alle Bursche deutscher Lande
Umziehn der Bruderliebe Bande,
Ein Bündnis eint sie frei und treu.

Doch was das Volk so schön entzündet,
Die heil′ge Flamme ist entwendet
Von königlicher Frevelhand;
Geschworne Eide sind gebrochen,
Und noch ist Deutschland ungerochen,
Noch trauert still mein Vaterland?

Auf uns auch schleudern sie die Blitze,
Dort, aus des hohen Rates Sitze,
Den sie am Rhein sich aufgebaut,
Doch wir verhöhnen die Philister,
Vor Diplomaten und Minister
Den freien Burschen nimmer graut.

Drum laßt sie drohn und Rache schnauben,
Wir stehen fest in unsrem Glauben,
Wir freie deutsche Burschenschaft.
Der Eid, der uns so treu verbündet,
Das Haus, das wir so fest begründet,
Noch stehen sie in alter Kraft.

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Gedicht: Burschenschaftslied von Wilhelm Hauff

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Burschenschaftslied“ von Wilhelm Hauff ist eine politische und patriotische Hymne, die die Ideale der Burschenschaft und die Sehnsucht nach einem geeinten, freien Deutschland thematisiert, wobei es gleichzeitig die Enttäuschung über das Scheitern dieser Ideale und den Widerstand gegen politische Unterdrückung ausdrückt. Das Gedicht zeichnet einen Bogen von den Hoffnungen der Burschenschaft nach den Befreiungskriegen über die Ernüchterung aufgrund von Zwietracht und Unterdrückung bis hin zum trotzigen Festhalten an den Idealen der Freiheit und Einheit.

Das Gedicht beginnt mit einer philosophischen Überlegung, die die Grundlage des Gedichts bildet: „Kommt’s von oben, so wird’s bestehn, / Ist’s von der Erde, muss’s untergehn.“ Dieser Vers betont die Bedeutung göttlicher oder moralischer Prinzipien und kontrastiert diese mit den vergänglichen, irdischen Angelegenheiten. Im Kontext des Gedichts wird damit angedeutet, dass die Ideale der Burschenschaft, die aus dem Wunsch nach Freiheit und Einheit erwachsen sind, nur dann Bestand haben können, wenn sie von höheren moralischen Werten getragen werden. Im Verlauf des Gedichts wird diese Idee mit den Erfahrungen der Burschenschaft im Kampf für ihre Ideale in Verbindung gebracht.

Die folgenden Strophen beschreiben die anfängliche Euphorie und die Enttäuschung, die die Burschenschaft nach den Befreiungskriegen erlebte. Die Burschenschafter kehrten mit der Hoffnung auf ein freies und geeintes Deutschland zurück, wurden aber mit Zwietracht, politischer Unterdrückung und dem Scheitern ihrer Ideale konfrontiert. Hauff beschreibt die „Zwietracht blut’ge Hyder“, die die Brüder trennte und die „gute Sache“ zerstörte. Diese Beschreibung verdeutlicht die Hindernisse, die der Verwirklichung ihrer Träume im Wege standen.

Trotz der Enttäuschung gibt das Gedicht die Hoffnung nicht auf. Die Flamme der Ideale der Burschenschaft wird neu entfacht, und es kommt zu einer neuen Einigung der Burschenschafter, die sich durch „Bruderliebe Bande“ vereinen. Dies zeigt den unerschütterlichen Glauben an die Ideale der Freiheit und Einheit, trotz der erlittenen Rückschläge. Der Autor drückt die anhaltende Unterdrückung und das Scheitern der politischen Führung, das Volk zu vereinen, aus. Die Kritik an den „königlichen Frevelhand“ und „der hohen Rates Sitze“ (d.h. der Regierung) verdeutlichen die politische Haltung des Gedichts.

Das Gedicht endet mit einem trotzigen Bekenntnis zum Glauben an die Ideale der Burschenschaft. Trotz aller Widerstände und Bedrohungen durch die „Philister“, die Diplomaten und Minister, stehen die Burschenschafter fest in ihrem Glauben. Die letzten Zeilen betonen die Unerschütterlichkeit der Burschenschaft und ihrer Ideale, die in ihrem Eid und ihrem „Haus“, das sie „so fest gegründet“ haben, verankert sind. Das Gedicht ist somit ein Zeugnis der Hoffnung, des Widerstands und des unerschütterlichen Glaubens an die Ideale der Freiheit und Einheit, die die Burschenschaft verkörperte.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.