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Auf dem Segeberg

Von

Hier stand auch einer Frauen Wiege,
Die Wiege einer deutschen Frau;
Die schaut mich an mit Augen blau,
Und auf dem Felsen, drauf ich liege,
Schließt sie mich plötzlich an die Brust.
Da werd ich mir des Glücks bewußt;
Ich seh die Welt so unvergänglich,
Voll Schönheit mir zu Füßen ruhn;
Und alle Sorgen, die so bänglich
Mein Herz bedrängten, schweigen nun.
Musik! Musik! Die Lerchen singen,
Aus Wies′ und Wäldern steigt Gesang,
Die Mücken in den Lüften schwingen
Den süßen Sommerharfenklang.
Und unten auf besonnter Flur
Seh ich des Kornes Wellen treiben,
In blauen Wölkchen drüber stäuben
Ein keusch Geheimnis der Natur.
Da tauchen an des Berges Seite
Zwei Köpfchen auf aus dem Gestein;
Zwei Knaben steigen durchs Gekräute;
Und sie sind unser, mein und dein.
Sie jauchzen auf, die Felsen klingen;
Mein Bursche schlank, mein Bursche klein!
Schau, wie sie purzeln, wie sie springen,
Und jeder will der erste sein.
In Kinderlust die Wangen glühen;
Die Welt, die Welt, o wie sie lacht!
Nun hängen sie an deinen Knien,
Nun an den meinen unbedacht;
Der Große hier, und hier der Kleine,
Sie halten mich so eng umfaßt,
Daß in den Thymian der Steine
Mich hinzieht die geliebte Last.
Die Schatten, die mein Auge trübten,
Die letzten, scheucht der Kindermund;
Ich seh der Heimat, der geliebten,
Zukunft in dieser Augen Grund.

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Gedicht: Auf dem Segeberg von Theodor Storm

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Auf dem Segeberg“ von Theodor Storm ist eine Momentaufnahme des Glücks, verankert in der Schönheit der Natur und der innigen Beziehung des Dichters zu seiner Frau und seinen Kindern. Es beschreibt eine Szene auf dem Segeberg, wo der Autor in einer idyllischen Umgebung, umgeben von Naturschönheit und familiärer Geborgenheit, ein Gefühl der Unbeschwertheit und des Friedens findet. Die Verwendung von Naturmotiven wie Lerchengesang, Kornfelder und blaue Wölkchen dient nicht nur dazu, die Szenerie lebendig zu machen, sondern auch, um die Atmosphäre der Harmonie und des Wohlbehagens zu verstärken.

Das Gedicht zeichnet sich durch die Gegenüberstellung von Natur und menschlicher Existenz aus. Die Natur wird als Quelle der Freude und des Trostes dargestellt, während die Anwesenheit der Familie, insbesondere der Kinder, das Gefühl des Glücks und der Zugehörigkeit intensiviert. Die Erwähnung der „Sorgen, die so bänglich / Mein Herz bedrängten“ im zweiten Abschnitt deutet auf eine frühere Zeit der Belastung hin, die nun durch die Erfahrung der familiären Liebe und der Schönheit der Natur überwunden wird. Die Kinder, die aus dem Felsgestein auftauchen und im Spiel die Szene beleben, symbolisieren Hoffnung und Zukunft.

Ein zentrales Thema des Gedichts ist die Vergänglichkeit des Glücks und die Fähigkeit, Trost und Freude in den einfachen Dingen des Lebens zu finden. Die Beschreibung der spielenden Kinder, die „purzeln“ und „springen“, zeugt von purer Lebensfreude und Unbeschwertheit. Die Liebe und Zuneigung, die die Kinder dem Vater entgegenbringen, und die Umarmung am Ende des Gedichts verstärken das Gefühl der Geborgenheit und des Glücks. Dies wird durch die Gegenüberstellung von „Große“ und „Kleine“ verdeutlicht, wodurch die Einheit der Familie betont wird. Die „geliebte Last“, die den Autor anzieht, unterstreicht die tiefe Bindung.

Storms Gedicht „Auf dem Segeberg“ ist somit nicht nur eine Beschreibung einer landschaftlichen Szene, sondern eine Hommage an die Familie, die Natur und die flüchtigen Momente des Glücks. Es fängt die Essenz der menschlichen Erfahrung ein, indem es die Schönheit der Welt und die tiefe Bedeutung der familiären Liebe hervorhebt. Das Gedicht vermittelt ein Gefühl von Frieden, Hoffnung und Dankbarkeit für die kleinen Freuden des Lebens, die in der Verbindung zur Natur und den Menschen, die man liebt, gefunden werden können. Die letzten Zeilen lassen den Leser mit einem Gefühl der Hoffnung und dem Wissen zurück, dass die Zukunft in den Augen der Kinder liegt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.