Im unglücklichen tone dessen von…
Löset von diesem brief sanft den knoten
Empfanget ohne groll meinen boten
Denket er käme von einem toten!
Als ich zuerst euch traf habt ihr gesprochen:
„Dort haust ein wurm der jeden feind verachtet“
Zu seinen klüften bin ich flugs gesprengt
Nach heissem ringen hab ich ihn erstochen
Doch seitdem blieb mein haar versengt–
Worob ihr lachtet.
„Ich hätte gern den turban des korsaren“
So scherztet ihr – ich folgte blind
Und bin aufs meer in lärm und streit gefahren
Mit meinem linken arme musst ich′s büssen
Den turban legt ich euch zu füssen
Ihr schenktet ihn als spielzeug einem kind.
Ihr saht wie ich mein glück und meinen leib
In eurem dienst verdarb
Euch grämte nicht in fährden mein verbleib
Ihr danktet kaum wenn ich in sturm und staub
Euch ruhm erwarb
Und bliebet meinem flehen taub.
Nun leid ich an einer tiefen wunde
Doch dringt euer lob bis zur letzten stunde
Schöne dame aus meinem munde.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Im unglücklichen Tone dessen von…“ von Stefan George ist eine ergreifende Klage über unerwiderte Liebe und die daraus resultierende tiefe Verletzung. Es ist eine Art Abschiedsbrief, verfasst von einem Liebenden, der durch die Liebe zu einer gleichgültigen Person zugrunde gerichtet wurde. Der Dichter richtet sich direkt an seine geliebte „Dame“ und beklagt sein Schicksal, welches er in seiner Liebe zu ihr erfahren hat.
Das Gedicht ist in drei Strophen unterteilt, die jeweils verschiedene Phasen des Scheiterns und der Demütigung durch die Geliebte darstellen. Die erste Strophe beschreibt die anfängliche Begegnung und das daraus folgende Missverständnis. Der Sprecher, der seinem Herzen und seinen Idealen folgt, wird von der Geliebten mit verletzenden Worten konfrontiert („Dort haust ein Wurm, der jeden Feind verachtet“). Die zweite Strophe schildert die Erfüllung der Wünsche der Geliebten, die dem Sprecher jedoch nur Schaden brachte. Der Sprecher gibt sein Glück und seinen Körper im Dienst der Geliebten auf und wird dafür nicht gewürdigt. Der Preis für all diese Opfer, das Erfüllen ihrer Wünsche, wird mit Spott, Vernachlässigung und fehlendem Dank bezahlt. Der Sprecher ist in seinem Bemühen um die Gunst der Geliebten gescheitert und hat sein Glück und seinen Ruhm verloren.
Die dritte Strophe, die letzte Zeile ist als eine Art Fazit zu sehen. Hier resümiert der Sprecher sein Leiden und seine tiefe Verletzung. Trotz seiner Wunden sehnt er sich nach der Anerkennung und dem Lob der Geliebten. Die letzten Zeilen, mit dem Aufruf, sich an die Geliebte zu wenden, zeigen die trotzige und gleichzeitig resignierte Haltung des Sprechers. Er ist sich seines Schicksals bewusst, aber er kann sich nicht von der Sehnsucht nach der Liebe und dem Lob der Geliebten lösen. Das Gedicht endet mit einer Mischung aus Schmerz, Bitterkeit und einer letzten, vergeblichen Hoffnung.
Der Titel „Im unglücklichen Tone dessen von…“ weist bereits auf die melancholische Grundstimmung des Gedichts hin. Die Worte „unglücklich“ und „Tone“ deuten auf eine tragische Geschichte und einen klagenden Ton an. George verwendet eine formale Sprache, die durch die Verwendung von Reimen und einer strengen Metrik geprägt ist, um die Ernsthaftigkeit und die emotionale Tiefe des Themas zu unterstreichen. Die verwendeten Bilder und Metaphern (wie z.B. „Wurm“, „Korsar“, „Turban“) verleihen dem Gedicht eine besondere Intensität und machen es zu einem eindringlichen Ausdruck der unerwiderten Liebe und des Leids.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.